wolfsgeheul.eu vom 01.04.2015

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Von der klassischen Musik, die ich überwiegend neben echtem Blues, Soul und Rock bevorzuge, gilt meine besondere Liebe der des Barock. Wahrscheinlich insbesondere deshalb, weil sich dort im vokalen Bereich in der von mir bevorzugten Stimmlage „Sopran“ die großartigen Stimmen tummeln. Damit meine ich aber nicht die bekannten tremolierenden, an Vibrato reichen Stimmen der Stars wie Bartoli und Garanca, sondern die klaren, reinen einer Kirkby und neuzeitlich Rial und Blazikova. Auch meine ich nicht die Countertenöre, denen ich erstens beim Singen nicht zusehen mag und die ich zweitens meist um Klassen schlechter einschätze, als deren weibliche Vorbilder. Man braucht eben nicht für alles im Leben Eier! Wer einen Beweis für meine These sucht und braucht, möge sich die wundervolle Aufnahme „Via Crucis“ von und mit Christina Pluhar vornehmen und dort in Stück Nummer sechs „Lumi, potete piangere“ meine Nuria Rial gegen den bekannten Philippe Jaroussky im direkten Vergleich anhören. Da kann es, außer bei einer woher auch immer rührenden Vorliebe für Kastraten, meiner Ansicht nach keine zwei Meinungen geben.

Wenn man aber einmal solche Stimmen gehört hat, fragt man sich doch, warum man diese genialen, von Gott und der Natur beseelten Sängerinnen nicht auch für die sonstige Klassik gewinnen kann, um endlich dieser Inflation der überschätzten,  gehypten Sternchen, von denen mein leider viel zu früh verstorbener Freund Matthias Follmann immer so nett sagte, sie sängen mit „zuviel Vibrator“, Einhalt zu gebieten! Warum ist auf den Opernbühnen dieser Welt das wahre Gute nicht gut genug? Vielleicht liegt die Antwort darin, daß ja auch der uninspiriert computerisierte Tastenjongleur Lang Lang mehr geschätzt wird als eine Buniatishvili oder ein Tristano!?

Die entscheidendere Erklärung aber ist nach meiner Ansicht der Stolz der wirklich guten Künstler. Sie lassen sich in beiderlei Sinne nicht vermarkten und suchen sich Nischen, in denen und von denen sie leben können, verzichten dabei und dafür jedoch auf übergreifenden Weltruhm. Der großen Musik mit Weltaufmerksamkeit gehen sie deshalb verloren. Die Komponisten hätten mutmaßlich anders, nämlich nach Qualität entschieden. Aber was zählt ist die blanke Existenz solcher Musikgrößen und deren Nachhaltigkeit. Solche Künstler will der Kenner hören.

Die Welt wird von Blendern und deren willfährigen Claqueuren, die nur den Rummel um sich und die Kunst suchen und lieben, weil sie selbst aus dem gleichen Blendholz geschnitzt und zu allem Überfluß zumeist noch nicht einmal fachkundig aber geschwätzig sind, beherrscht. Schön, daß es noch kleine Paradiese auf Erden gibt, in denen andere Kriterien gelten. Und wahrscheinlich würden unseren verehrten Ausnahmetalente im Fegefeuer der Eitelkeiten auch nur verbrennen!?

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

P.S.: Obiges gilt wahrscheinlich auch für andere Bereiche. Eine Entsprechung hatte ich gestern die Ehre und Freude persönlich kennenzulernen, nämlich die beeindruckende Rheingauer Winzerin Eva Fricke, die zwar ein Jungstar ist, aber mit Sicherheit auf dem Boden bleiben wird. Gute Weine sind nicht exaltiert und werden auch nicht von ebensolchen Weinbauern gekeltert. Tiefe und Leichtigkeit sind das Geheimnis!

 

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wolfsgeheul.eu vom 31.03.2015

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Anläßlich einer dienstlichen und privaten Reise über Frankfurt a. M., Chemnitz, Dresden und Cottbus hatte ich heute die Freude, einen Termin am Landgericht Cottbus wahrzunehmen. Kurz zuvor hatte ich irgendwo ein Bild der neuen Universitätsbibliothek in Cottbus gesehen und mir vorgenommen, wenn es der zeitliche Ablauf erlauben sollte, dieser einen Besuch abzustatten. Das Zeitfenster hat sich ergeben, und ich muß sagen, ich war begeistert und ein wenig peinlich berührt. Schon vor mehr als zehn Jahren nämlich – ich hätte also schon viel früher Kenntnis davon nehmen und anläßlich anderer Termine einen Besuch dort abstatten können – nach einem Entwurf von Herzog & de Meuron errichtet, steht der Doppelglaskörper mit seinen Rundungen wie eine uneinnehmbare Burg auf einer künstlichen Minianhöhe im ansonsten platten Land, auf dem Cottbus sich ausbreitet. Die vorgehängte Fassade aus Glasscheiben ist über und über mit kryptischen, matten, ineinander verwobenen  Zeichen beätzt, innen domieren an Boden und Wänden giftiges Grün und Hellviolett, eine ruhig-verwegene Wendeltreppe, moderne Möbel u. a. von Eames, Leseräume zum Teil über zwei Etagen hoch mit zeitgemäßen Lüsterinterpretationen, kurzum ein Festschmaus für die Sinne, immer durch die bodentiefe Verglasung in gedämpftem direktem Kontakt mit dem Außen. Was für grandiose Arbeitsbedingungen!

Dererlei Beispiele großartiger, geglückter Architektur gibt es naturgemäß – nach der Wende war der Bedarf an Veränderung, Erweiterung und Neubau hoch – sehr viele in Ostdeutschland! Denkt man nur an das St. Benno-Gymnasium von Behnisch in Dresden, das staatliche Gymnasium für Hochbegabte St. Afra in Meißen von Friedrich und Partner oder das Musikgymnasium Schloss Belvedere in Weimar von den Kölner Architekten van den Valentyn und Oreyzi. Traumhafte Lern- und Lehrverhältnisse mit großer Funktionalität und Variabilität bei gleichzeitiger Erfüllung hoher Anspüche an ästhetischen Genuß und Einpassung in das Umfeld, welches Rückzugsräume genauso wie Foren bietet und dabei zu freudvollem Dialog und Disput einlädt.

Wissen das die Belehrten und Lehrenden eigentlich zu schätzen? Denn vordergründig sind diese Gebäude ja für sie geschaffen und nicht für den reisenden Architekturfreund. Hieran habe ich manchmal meine Zweifel. Könnte man also sagen, es reichte auch der profane Zweckbau für die Masse der Uninteressierten? Niemals! Erstens werden solche Räume niemanden gänzlich kalt lassen und zweitens reicht es, wenn sich einige durch sie besonders inspirieren lassen. Von der Bereicherung das Stadtbildes einmal ganz zu schweigen! Der Beantwortung der Frage also, ob die Cottbusser Studiosi beglückt sind, ihren Lesehunger in einem lebendigen Vorläufer der Elbphilharmonie stillen zu dürfen, ist meines Erachtens obsolet. Der Genuß kommt hoffentlich beim Essen.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

P.S.: Der neue EZB-Doppelturm in Ffm.  von Coop Himmelb(l)au ist auch eine Reise wert!

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