wolfsgeheul vom 15.102015

0
0

Das ist traurig für die Euregio Rhein-Maas. Sowohl Belgien als auch Deutschland qualifizieren sich mehr oder minder – genau in der Reihenfolge – für die Fußball-Europameisterschaft, und der Dritte im Bunde, die Niederlande, versagt kläglich. Das hätte ein Fest werden können, denn normalerweise gehören alle drei Mannschaften zum Favoritenkreis, was den Duellen hier in Grenznähe zu besonderer Stimmung und Brisanz verhilft. Denn in und um Aachen verschwimmen im Alltag oft die Grenzen. Viele Belgier und Limburger sind während der Saison treue Fans der Alemannia aus Aachen oder der Fohlenelf aus Mönchengladbach und manch‘ Deutscher besucht die Spiele von Roda JC Kerkrade. In Herzogenrath folgt die Grenze zu den Niederlanden gar in ihrem Verlauf der Mittellinie der Neustraße und heißt für die andere Straßenseite dann natürlich Nieuwstraat. Sicherlich spektakulär, wenn der Torjubel mal von der einen und mal von der anderen Häuserfront erschallt und am Ende unabhängig vom Spielausgang die Nachbarn einträchtig beim Bäcker stehen und nachkarten können. Auch deshalb hätte es die alte und gepflegte Fußballfeindschaft zwischen Holland und Deutschland verdient gehabt, wieder neue Nahrung zu erhalten. So bleiben nur der hämische – ein bißchen Schadenfreude muß sein, die ist das Salz in der Fußballsuppe – (Ab-)Gesang „Ohne Holland, fahr’n wir zur EM!“ und eine Träne im Kopfloch sowie die Hoffnung, daß die Niederländer, deren Spieler und Trainer immer schon die Bundesliga bereichert haben, wieder zu alter Stärke und ihrem typischen, faszinierenden Spiel zurückfinden. Und eins ist klar, zumindest hier in der Euregio ist die Fangemeinde der Deutschen jetzt um so manchen Limburger erweitert. Der Sport bringt die Menschen eben immer noch am besten zusammen. Kopf hoch, Oranje!

Nicht vergessen darf ich, zu erwähnen, daß für Angela Merkel heute ein besonderer Tag ist, weil ihr gleich drei internationale Feiertage gewidmet sind. Da wäre zunächst der „Internationale Tag des weißen Stocks“. Nun ist die Kanzlerin zwar glücklicherweise nicht blind, aber ihr Politikstil erinnert auffällig an das vorsichtige, klopfende Erkunden des Weges mit dem Blindenstock, was nicht nur ihren kleinen Schritte bedingt, sondern auch die umgehende Änderung der Route, wenn sie mit ihm ein Hindernis ertastet. „Managing by walking blind“, auch eine Methode mit der man Dekaden überleben kann! Sodann begehen wir der Uckermärkerin zu Ehren den „Internationalen Tag der Frauen in ländlichen Gebieten“. Den Ortschaftsräten in den Dörfern dort ist konsequenterweise ihre kleine, provinzielle Führungsmannschaft im Kanzleramt nachgebildet. Fürs letzte feiern wir auch noch den „Welttag des Händewaschens“, landläufig „Pontius Pilatus Day“ genannt. Ja, ihre Hände in Unschuld waschen, das kann die Kanzlerin doch besonders gut, und sie muß es auch können, da sie viele Fehler – pars pro toto seien Energiewende und Zuwanderungskrise genannt – mit fatalen Folgen begeht. Nach so einem Festtagsmarathon muß man doch mal durchschnaufen. Vielleicht wäre es sogar ein optimaler Zeitpunkt zum Abdanken, denn wenn es am schönsten ist, sollte man eigentlich aufhören. Wir würden den Nachruf auf ihre Kanzlerschaft dann auch gerne extra für sie in Brailleschrift verfassen.

Der letzte macht das Licht aus!

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

0
0

wolfsgeheul.eu vom 02.10.2015

0
0

Früher war alles besser! Manchmal schon!

Sehr gerne habe ich in jüngeren Jahren Restaurantkritiken gelesen. Auch wenn ich mir ein Essen in den dort beschriebenen Lokalitäten zum Teil gar nicht hätte leisten können oder wollen, hat die Lektüre nicht nur die Sinne für die Kulinarik geschärft und damit die Bedeutung der Ernährung jenseits der profanen Nahrungsaufnahme hervorgehoben, sondern einfach auch Lesespaß bereitet. Da waren amüsante und oft humoritische Schreibkünstler wie Wolfram Siebeck am Werke, die es, ohne Schaum vor dem Mund zu haben oder von oben herab zu dozieren, vermochten, daß einem das Wasser im Munde zusammenlief und es einem ein amüsiertes Lächeln in die Mundwinkel schnitzte. Die Artikel waren im wahrsten Sinne ein amuse bouche! Selbst flapsige Kritik, wie von Armin Diel oder in den Anfängen vom Gault Millau praktiziert, hatte für sich genommen ihren Reiz, mochte sie noch so überzogen sein. Und daß Diel es – wenn ich mich recht erinnere – sogar geschafft hat, daß eine komplette Kammer mit den Parteien und ihren Anwälten einen Ortstermin in dem Restaurant des gegen seine Kritik klagenden Wirtes  abgehalten hat, ist doch eine herrliche Geschichte. Der Kläger schloß nach verlorenem Prozeß die Pforte und ließ damit keine Fragen offen.

In meiner Leib- und Magen(verstimmungs)zeitung FAZ schreibt aber nun seit Jahren Jürgen Dollase, von dem ich bis heute nicht richtig verstanden habe, was ihn eigentlich einst zum Gastrokritiker qualifizierte und legitimierte. Sein hochtrabend klingendes, pseudoakademisches Geschwurbel jedenfalls läßt mich auch nach genauerer Lektüre meist ratlos zurück. Immer wieder aber fange ich mutig an, seine Artikel zu lesen, doch dann sterbe ich in der überwiegenden Zahl der Fälle ab. Das schlimmste Manko seiner Kolumnen scheint mir dabei die nahezu vollständige Abwesenheit von Humor zu sein. Der selbsternannte Gourmetkritiker-Gott spielt in seiner eigenen Welt und stelzt sich pfauengleich durchs mühsam und ohne jede Leichtigkeit von ihm aufgetürmte Fremd-und Fachwörterdickicht. Ganz da von „dollasen“ kann ich gleichwohl nicht. Ich rege mich ja auch manchmal gerne auf.

Und so ist mir nicht entgangen, daß der alte Krautrocker heute in der FAZ den Vogel abschießt. Unter der Überschrift „Küchenqualität ist keine Setzung“ versucht er sich grob gesagt an der wahnsinnig überraschenden und bedeutenden These, daß „Lieblingsrestaurant“ nicht automatisch mit „Spitzenrestaurant“ gleichzusetzen ist. So weit, so richtig! Nur, hat das jemals irgendwer behauptet!?

Das tollste Restaurant ist doch nichts wert, wenn man sich dort nicht wohlfühlt. Und dabei spielen die Existenz bzw. die Anzahl von Sternen eine absolut untergeordnete Rolle. Wie gerne äße ich häufiger im so angenehmen wie schmackhaften „Siebelnhof“ beim genialen und kreativen Alleskönner Erich Steuber, dem Erfinder der gehobenen regionalen Küche, den ich das Glück hatte, schon in früher Jugend kennenzulernen und zu genießen. Oder: Neulich war ich mit meiner Tochter beim großartigen Mittags-Menü im aachener „La Becasse“ und hörte, wie der Chef, Christof Lang, am Nachbartisch eine Runde zweier vornehmer, älterer Ehepaare auf gute rheinische Art „Na, seid ihr satt geworden“ fragte. Diese herzliche Einsternebehandlung dürfte doch in jedem Falle einer steifen Dreisterne-Anfrage im Stile von „Haben die Herrschaften gut gespeist?“ vorzuziehen sein!? Selbst wenn im Highend-Bereich alles noch ein bißchen besser gegart und gewürzt – ach nein, „aromatisiert“ – ist, heißt das doch noch lange nicht, daß ich dort eine bessere und angenehmere Zeit verbringe. Ganz abgesehen einmal von den immensen – zumeist zwar berechtigten – Mehrkosten, die hier und da geeignet sind, daß einem die Köstlichkeiten im Halse stecken bleiben! Und hat Dollase(Jahrgang 48) eigentlich jemals darüber nachgedacht, daß im Alter nicht nur der Hör-, sondern auch der Geschmackssinn nachläßt? Das ist eben die Tragik des Lebens, daß man sich Sterneküche genauso wie den Porsche, die Edel-Nutte und die Burmester-Hifi-Anlage meist erst leisten kann, wenn die gebotenen Spitzen und Nuancen gar nicht mehr ausreichend und umfassend wahrgenommen und gewürdigt werden können.

Und noch eines, Dollase! Daß sie zum Lachen in den Keller zu gehen, vollkommen abgehoben und nichts begriffen zu haben scheinen , offenbart sich an Sätzen wie „So liegt es nahe, dass der Freund einer bestimmten Imbissstube nichts lieber isst als „seine“ abendliche Currywurst mit Pommes Frites und Mayonnaise und dass ihn schon angesichts der Bilder von Gerichten der Spitzenküche das Grausen packt. Bei einem solchen Mangel an kulinarischer Sozialisation ist es sogar wahrscheinlich, dass die Probe aufs Exempel das Vorurteil bestätigt. Eine im Kern fast rohe Makrele mit Algen hat unter solchen Umständen gegen die Pommes keine Chance.“.

Da fühle ich mich angesprochen. Wenn ich in meiner kargen, griechischen Imbißbude vom lieben Petros das beste Gyros Aachens serviert bekomme, dann ist das ein kulinarischer Genuß. Und mich packt dabei das Grausen nicht, wenn ich an Spitzenküche denke, sondern eher an „Spitzenkritiker“. Und ein Steckerlfisch im gepflegten bayerischen Biergarten ist mir wahrscheinlich genauso viel wert wie – ich habe es noch nicht gekostet –  ein ungegartes mit Algen umgarntes Exemplar. Dabei fühle ich mich trotzdem ausreichend kulinarisch sozialisiert.

Enden tut der Dollase-Erguß – vielleicht auch eine Ersatzhandlung!? – mit „Die beliebigen, unreflektierten Bewertungen von Restaurantqualitäten gehören nicht in Medien, die damit werben, dass sie für ein anderes Denken stehen.“. Da drängen sich doch zwei Fragen auf. Gibt es auch eine gehobene und reflektierte Beliebigkeit? Und, steht die FAZ wirklich für ein anders Denken?

Dollase, setzen!

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

 

0
0