wolfsgeheul.eu vom 03.09.2015

0
0

Gestern durften wir lesen, daß Bettina Wulff der Zeitschrift „Bunte“ ein Interview gegeben hat, in welchem sie über ihr Liebes-Comeback mit Ehemann Christian berichtet. Dinge, die die Welt nicht braucht! Auf der anderen Seite aber erliege ich zuweilen der Faszination des Grauens, und so konnte ich der Versuchung nicht widerstehen, auf die Homepage der Glamour-Illustrierten zu schauen. Natürlich steht es da nicht, man soll das Heft kaufen. Weil ich das nie machen würde, unterdrückte ich den Anfall von Neugierde.

Doch in der Nacht zu heute hatte ich wüste Träume, unter anderem führte ich darin ein komplettes Interview mit einer Frau W., welches ich nach dem Erwachen komischerweise noch eins zu eins erinnern konnte und sofort niedergeschrieben habe. Dieses traumhafte Interview möchte ich meinen Lesern nicht vorenthalten.

wolfsgeheul: Frau W., wie muß man sich ihr bisheriges Leben vorstellen?

Frau W.: Ach, wissen Sie, nach einer Jugend in bescheidenen Verhältnissen und meinem abgebrochenen Studium stand ich erstmal da. Aber ich konnte schon immer Männer überzeugen, und so brachten mich meine vielfältigen Kontakte sogar zu großen Konzernen. Immer als Refefentin jedoch war mir zu wenig. Außerdem mußte ich ja seit 2003 für meinen Sohn sorgen. Im Jahre 2006 bin ich dann bei Chris aufs Ganze gegangen. Der war ja, nachdem er endlich Ministerpräsident geworden war, weil die Wähler Mitleid mit ihm hatten, der kommende Mann und wurde sogar als Kanzlerkandidat gehandelt. Daß später er und alle jungen Wilden vor Mutti – pardon, daß sagt Chrissi immer zu ihr – kneifen und von ihr weggebissen werden sollten, konnte zu dem Zeitpunkt keiner ahnen. Und als das Kind unterwegs war, spätestens da hatte ich ihn.

wolfsgeheul: War er Ihnen nicht ein bißchen zu langweilig?

Frau W.: Ja, schon ein wenig! Aber er war sauber, schlank und den Sprachfehler fand ich sogar irgendwie etwas sexy. Wissen Sie, ich habe in meinem Leben auch soviele – man muß es so sagen – eklige Männer……

wolfgeheul: Wollen Sie das näher ausführen?

Frau W.: Nein, nicht hier! Da will ich vielleicht noch ein Buch draus machen. Aber glauben Sie mir, das war nicht immer die reine Freude. Da war der biedere Chris fast eine Wohltat.

wolfsgeheul: Haben Sie sich in ihn verliebt?

Frau W.: Nein, nicht wirklich! Das war aber eigentlich auch nie so mein Antritt. Er bot jedoch gute Aufstiegschancen und ein sehr interessantes Umfeld. Mit ein bißchen Glück – glauben Sie mir, ich war ganz nah dran – hätte ich sogar den M., der ja richtig Kohle hat, für mich gewinnen können. Aber letztlich kommt man gegen die Raffinesse dieser Schlampe, entschuldigen Sie, dieser Frau F. nicht an.

wolfsgeheul: Hatte Ihr Mann Ihnen zuwenig Geld?

Frau W.: Ja irgendwie schon! Das hatte ich falsch eingeschätzt, hätte wohl doch vorher besser recherchieren sollen. Es war einfach nervig, daß wir uns ständig einladen lassen und Geld leihen mußten, um ein halbwegs standesgemäßes Leben führen zu können. Aber mit dem Aufstieg zum Bundespräsidenten verband ich die Hoffnung, daß wir das hinter uns lassen könnten. Dem war leider nicht so!

wolfsgeheul: Warum haben Sie ihn nach dem Rücktritt verlassen?

Frau W.: Irgendwie fühlte ich mich noch jung und attraktiv genug, um einen weiteren Versuch zu starten. Einfach auch, um oben zu bleiben! Wissen sie, mit einem Mann, der so gar nichts hat, noch nicht einmal ein hohes und mächtiges Amt, wollte ich eigentlich nicht den Rest meines Lebens verbringen. Obendrein war ich inzwischen ja auch selbst prominent, und mit meinem tollen Buch hatte ich einen Fuß in der Tür bei den Verlagen. Ich dachte schlicht, ich brauche ihn nicht mehr.

wolfsgeheul: Offenbar waren Ihre Versuche aber nicht von Erfolg gekrönt. Weshalb?

Frau W.: Wissen Sie, alles was ich versucht habe, ging schief! Man spielt da ja auch in einer sehr hohen Liga.

wolfsgeheul: Ja, ja, aber worauf genau führen Sie nun das Scheitern Ihres Vorhabens zurück? Sie werden doch nichts verlernt haben, oder?

Frau W.: Letztlich war es wohl ein Fehler, mich tätowieren zu lassen. Den Chris hat das nicht gestört, der fand es sogar irgenwie hip und glaubte, bei den jüngeren Wählern damit punkten zu können, und Mutti hat es nicht gestört. Aber – und das ist eine bittere Erkenntnis – Männer, die nicht von unten kommen, schreckt so etwas doch ab. Bei Nutten, pardon, bei Escort-Damen stört sie das nicht oder törnt sie sogar an, aber als Partnerin wollen sie eine Nicht-Tätowierte. Bigott, nicht wahr!?

wolfsgeheul: Ja, irgendwie schon! Aber Sie ändern die Gesellschaft nicht. War das denn der einzige Grund?

Frau W.:  Natürlich bin ich zweifache Mutter und nicht mehr die Jüngste. Zusätzlich – und das weiß ich auch – bin ich eigentlich ganz häuslich und bieder. So trauere ich immer noch unserem wunderschönen alten Haus hier in Großburgwedel, der Stadt, in der ich aufgewachsen bin, hinterher. Das hätte mein Vater sich niemals leisten können, und in diesen Bau- und Landhausvillen der Großen und Mächtigen habe ich mich eigentlich nie richtig wohl gefühlt, wenngleich die Schlafzimmer natürlich immer irgendwie ähnlich sind.

wolfsgeheul: Ihr Vamp-Image war also nur Fassade?

Frau W.: Ja, sicher! Aber das gehört einfach dazu, wenn man in der Gewerbe- beziehungsweise Geschäftswelt mitmischen und voran kommen will.

wolfsgeheul: Und warum genau haben Sie die Scheidung abgeblasen, pardon, zurückgezogen und sind zu Ihrem Mann zurückgekehrt?

Frau W.: Wir haben ja auch ein Kind zusammen, was ich manchmal vergessen wollte und habe, weil ich mir aber auch sicher war, daß, wenn ich einen Neuen finde, der genug Geld hat, um sich darum mit zu kümmern. Und außerdem habe ich gesehen, daß Chris wieder im Kommen – beruflich meine ich – ist. Das konnte ja eigentlich keiner erwarten. Und auch die lebenslangen Bezüge, die der Staat ihm überraschend bezahlt, sind doch gemessen am Durchschnitt edel.

wolfsgeheul: Sie machen aber trotzdem jetzt Werbung für das Tragen von Helmen auf dem Fahrrad?

Frau W: Das ist ehrenamtlich. Trotzdem war ich sofort begeistert. Sie müssen verstehen, aber ich habe soviel auf die Mütze bekommen, daß es eine Wohltat ist, dort oben nun geschützt zu sein. Untenrum habe ich mich ja immer geschützt, aber oben sah mir das bisher zu doof und unerotisch aus. Selbst den Chris hätte ich damit wohl nicht rumgekriegt. Aber jetzt hab ich ihn ja. Warum das aufgeben? Und er trägt ja auch Helm.

wolfsgeheul: O. K.! Aber sind Sie denn mit Ihrer Entscheidung und Ihrem alten/neuen Leben jetzt zufrieden?

Frau W.: Ach, wissen Sie, ich bin doch viel weiter gekommen als andere mit ähnlich schlechten Voraussetzungen. Und im Alter hat man andere Bedürfnisse.

wolfsgeheul: Vielen Dank für das Gespräch.

Frau W.: Ich danke Ihnen sehr! Scheint doch ganz erfolgreich, Ihre Kolumne! Wollen wir noch einen Absacker trinken gehen? Ich kenne da so ein flauschiges, pardon, lauschiges Lokal.

wolfsgeheul: Nein, danke!

 

Das Interview, so wie es mir vor dem geistigen Auge unwillkürlich nächtens erschien, ist ungekürzt wiedergegeben. Was man für wirres Zeug träumt! So ist das eben mit Fiktion!

Jetzt bin ich aber fast ein bißchen neugierig, ob Traum und Wirklichkeit irgendetwas gemein haben. Aber, das kann ja nicht sein, und, nein, ich kaufe die „Bunte“ schon aus Prinzip nicht und lese sie auch nicht gratis am Zeitungsstand(s. Kolumne vom 09.06.2015)!

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

 

 

 

0
0

wolfsgeheul.eu vom 09.06.2015

0
0

Paul Sahner ist tot. In diesem Zusammenhang fällt mir eine kleine Geschichte ein.

Eine gebildete und sehr kulturaffine Freundin erzählte mir neulich in charmanter und entwaffnender Offenheit, daß sie die Illustrierte „Bunte“ immer am Zeitungsstand lese, weil sie zwar gerne über die Neuigkeiten bei den Royals, Schönen und Reichen informiert, ihr der Kauf dieses Blattes das Geld jedoch nicht wert und quasi zuwider sei.

Mein Verhältnis zu der netten und interessanten Dame ändert das nicht – es kommt eben immer darauf an, wer es macht -, aber gleichwohl ist das eine Verhaltensweise, die ich grundsätzlich verabscheue und als Dreistigkeit empfinde. Schlimm ist es deshalb, weil es augenscheinlich soviele Mitmenschen genauso praktizieren in Bahnhofsbuchhandlungen, Supermärkten, Buchkaufhäusern etc.. Klarstellend muß ich sagen, daß ich nicht das vorsichtige Hineinblättern ins Inhaltsverzeichnis meine, sondern das intensive Hineinschauen und -lesen. Für mich grenzt das an Diebstahl und ist eine Unverschämtheit gegenüber dem späteren arglosen Käufer. Zeitungen jeglicher Art – dasselbe gilt auch für Bücher -, die ich als neu erwerbe, sollten und müssen jungfräulich sein. Sie brauchen strenggenommen vor der Kaufentscheidung noch nicht einmal in die Hand genommen zu werden, da die erste Seite das appetitanregende Schaufenster darstellt, welches auf wesentliche Inhalte bereits hinweist. Der Rest ist bewußt und gewollt eine Wundertüte. Das Risiko, welches sich bekanntermaßen häufig verwirklicht, daß sich das Produkt nach Erwerb als Enttäuschung herausstellt, ist immanent und liegt beim Kunden. Die Rückgabe ist ausgeschlossen und der Erwerber kann seine Enttäuschung erst mit der Kaufverweigerung der nächsten Ausgabe ausdrücken.

Jetzt könnte man über die Menschen herziehen, die sich nicht mehr benehmen können und rücksichtslos verhalten. Das wäre aber wohl alleine und vielleicht sogar im Grundsatz falsch. Denn wir sind alle schwach und Gelegenheit macht Diebe. Die Schuldigen sind also die, die aus Personalkosteneinsparungsgründen und Ignoranz die reine, unverpackte Ware mehr oder weniger unüberwacht und jedenfalls geduldet genau so freizugänglich feilbieten, daß das Lesen und Zurücklegen überhaupt möglich ist. In einer kleinen Buchhandlung, beim Krämer oder im Kiosk erlaubt sich keiner diese Frechheit, wenn überhaupt fragt er im Zweifel sogar um Erlaubnis, um kurz durchzublättern, und wird danach schon eine leichte Kaufverpflichtung verspüren und sich mit dem Zurücklegen schwertun, weil es ihm etwas peinlich ist, nach offenbarer Enttäuschung über den Inhalt der Wundertüte, eine fundierte Entscheidung gegen den Händler zu treffen, obwohl das vorherige Lüften des Geheimnisses bei diesen schnellen und flüchtigen Druckerzeugnissen eigentlich gar nicht vorgesehen ist.

Meine Entscheidung ist klar und konsequent. Wenn ich – was nur noch selten vorkommt – überhaupt eine Illustrierte erwerbe, dann überwiegend im kleinen Geschäft meines Vertrauens. Und wenn es nicht anders geht, nehme ich in Verkaufsstellen, die eher öffentliche Lesehäuser geworden sind, ein vermeintlich unberührtes Exemplar aus der Mitte des Regalstapels, unterstellend zum einen, daß die gelesenen Zeitungen, weil es einfacher ist, hinten wieder einsortiert werden, und zum zweiten, daß der Stapel auf diese Art noch nicht einmal durchrotiert wurde. The consumer fights back!

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

0
0