wolfsgeheul.eu vom 16.05.2016

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Mercedes baut bis zum Ende des Jahres in jedes seiner Cabriolets gratis eine 220 Volt-Steckdose ein, damit die verweichlichten Kunden einen handelsüblichen Fön dort anschließen und sich von diesem warme Luft in den Nacken – oder Hintern – blasen lassen können. Die Konzernleitung empfiehlt, das Elektrogerät von hinten zwischen Kopfstütze und Sitzlehne zu klemmen, damit eine zielgerichtete Warmluftbefächerung gewährleistet ist. Den ganz Hartgesottenen stellt Mercedes anheim, sich statt der elektrischen Halsheizung mit einem materialtechnisch den Jahreszeiten angepaßten Schal zu behelfen und die Steckdose dann zum Beispiel für den Betrieb eines Kofferradios oder Elektrorasierers zu benutzen.

Man glaubt es nicht! Die schwäbische Firma Mercedes hat Zeit ihres Lebens mit hochinnovativen und oft auch skurrilen Erfindungen aufgewartet. Beispielsweise mit dem einarmigen Hubwischer, der den Solonachteil bezüglich der Größe des Wischfeldes durch eine hochkomplizierte Hubmechanik wettmachte, den elektrischen Gurtbringer, die hydropneumatisch auf Knopfdruck von vorne umfallenden Heckkopfstützen oder den so segensreichen Airbag! Immer geniale Ingenieurskunst und faszinierend, aber manchmal auch so überflüssig wie ein Kropf! Jedenfalls häufig ein Alleinstellungsmerkmal und eine Spezialität, die für die Stuttgarter typisch war und ist.

Deshalb hat man sich beim Benz vor Jahren auch Gedanken gemacht, wie man den durch kalte Zugluft verursachten steifen Nacken der älteren Cabriofahrer vermeiden kann, ohne sie zum Schließen des Daches zu zwingen. Anstatt sich zu sagen, daß Menschen, die das Offenfahren nicht vertragen können, doch nicht daran gehindert sind, sich ein geschlossenes Automobil zuzulegen, entwickelte man das überflüssigste Cabriozubehör der Welt, den sogenannten „Airscarf“, also einen Luftschal in Form eines in den oberen Sitzlehnenteil integrierten Warmluftgebläses. So weit, so idiotisch! Cabrios, in denen es nicht zieht wie Hechtsuppe, verdienen ihren Namen nicht.

Jetzt wird publik, daß Mercedes bei der Entwicklung Patentrechte verletzt und in letzter Instanz vor dem BGH verloren hat, mit der Folge, daß bis Ende des Jahres keine Cabriolets, die mit diesem Extra ausgestattet sind, mehr verkauft und hergestellt werden dürfen. Ein Treppenwitz in jeder Hinsicht! Was sollen die greisen und zugempfindlichen Freiluftfans der Marke jetzt machen? Sie sind entsetzt. Unklar ist, ob sie sich mit der nunmehr von Mercedes angebotenen übergangsweisen Notlösung anfreunden und zufrieden geben werden. Der Senioren-Automobil-Club „Ofo“(„Opas fahren offen“) ruft schon zum Boykott von Cabriolets der Marke Benz auf und rät, zu anderen Marken auszuweichen, die das Extra weiterhin anbieten dürfen. Kurzzeitig bricht aber für viele notorische Sternenlenker eine Welt zusammen und der Blick zum Himmel wird ihnen verwehrt bleiben. Ob sich die Stuttgarter von diesem Rückschlag werden wieder erholen können, steht in den Sternen, die man vorübergehend aus ihren Autos nicht mehr sieht. Die Lenker von ehrlichen Cabrios lachen sich dagegen ins Fäustchen und werden in den nächsten Monaten den Benzfahrern mit dem fröhlichen Schwenken ihrer Schals einen höhnischen Gruß entbieten.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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wolfsgeheul.eu vom 28.02.2016

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Panzer statt Cabriolets!

Die allgemeine Stimmungslage in Deutschland steckt in dieser kleinen Gleichung. Volkswagen stellt in wenigen Wochen die Produktion des seit 1979 hergestellten Golf Cabriolets ersatzlos ein. Insgesamt gehen in den letzten Jahren die Zulassungszahlen für offene Automobile signifikant zurück. Manche Hersteller verzichten inzwischen ganz auf dieses Produktsegment. Gleichzeitig verstellen immer mehr weichgespülte Geländewagen – SUV’s genannt -die freie Sicht auf unseren Verkehr und die Landschaft. Der durchschnittliche Deutsche sitzt lieber in einer Blechtrutzburg als in einem – zumeist kleineren und jedenfalls flacheren – dem Himmel zugewandten Flitzer. Augenfälliger kann man diese zweifelhafte „my home is my castle“-Mentalität nicht zur Schau tragen. Blickt man in die Zulassungsstatistik, läßt sich noch etwas deutlich ablesen. Abgesehen von der Großstatdtregion Berlin/Potsdam liegen die Zahlen der Faltdachautos in den neuen Bundesländern bei unter einem Prozent am Gesamtbestand, während in der alten Bundesrepublik die Oben-Ohne-Fraktion im Schnitt bei rund drei Prozent liegt; Aachen hat 4,65%, der Rheingau-Taunus-Kreis gut fünf und selbst im verregneten Hamburg liegt die Zahl bei über vier. Bei der Zahl der Geländewagen/SUV’s sind die Verhältnisse in Ost und West nahezu gleich und liegen bei fast zehn Prozent. Wer wissen will, wo es bei uns lebenswert ist, weil dort noch eine gehörige Anzahl von Individualisten und Optimisten domiziliert, braucht sich demnach eigentlich nur am Cabrio-Index zu orientieren.

Denn wer Angst vor Regen hat, der fürchtet sich auch sonstig vor allem Unvorhersehbaren und Fremden.

Also „Dach Auf!“ und gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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