wolfsgeheul.eu vom 31.08.2016

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Seit Jahren bekomme ich von meiner Frankfurter monatlich die evangelische Postille „Chrismon“ ungefragt übersandt. Ihr Erbauungswert hält sich aber leider in überschaubaren Grenzen, was vielleicht auch nicht unmaßgeblich an der Mitherausgeberin Dr. Margot Käßmann liegen mag.

In der September-Ausgabe wird eine Erhebung veröffentlicht, die gefragt hat, welches Lied man als Geburtstagskind am liebsten hört. Wer jetzt erwartet haben sollte, daß der Grundtenor im sinngemäßen „Wenn es eines der belanglosen Standardliedchen ist, dann eher gar keines!“ bestand, der hat sich geirrt. Mit 35 Prozent heißt der Gewinner „Happy Birthday to you“ , gefolgt von einem weiteren Kinderlied „Wie schön, daß du geboren bist“ mit 13 Prozent. Jeder fünfte möchte übrigens gar nicht angesungen werden. Abgeschlagen mit lediglich einem Prozent landet „Lobe den Herren“ auf dem letzten Platz.

Überraschend für eine protestantische Zeitschrift, wenngleich aus den Angaben von Emnid, die diese Umfrage im Auftrage von Chrismon durchgeführt haben, bedauerlicherweise nicht hervorgeht, ob überhaupt ausschließlich, denn nur das erschiene in meinen Augen sinnvoll, Evangelen befragt worden sind.

So oder so ein trauriges Resultat! Weil es im Pastorenelternhaus meines Schwiegervaters so Brauch war, haben wir nämlich in meiner Familie über zwanzig Jahre am Morgen des Jubeltages eines Mitgliedes gemeinsam das sowohl textlich als auch musikalisch wunderbare „Lobe den Herren“ gesungen, welches ich, selbst wenn ich der zu Feiernde war, am Piano zu begleiten hatte. Ein herrliches Ritual, welches ich tatsächlich ein wenig vermisse! Daß meine Kinder allerdings phasenweise zu den 20 Prozent gehört haben, die lieber ohne Gesang in den Tag gestartet wären, vermag ich nicht auszuschließen. Es hat ihnen aber keinesfalls geschadet.

Die Protestanten besitzen eben durchaus auch etwas Lobenswertes. Und was entgeht denen, die sich mit Kinderkram begnügen!

„Lasset den Lobgesang hören!“!

In diesem Sinne

gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

 

 

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wolfsgeheul.eu vom 01.07.2016

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Keine Lust zum Schreiben!

Zu meinem Glück muß ich aber keine Kolumne produzieren. Stattdessen hat Reinhold Beckmann, der kleine Wichtigtuer, nämlich Zeit und sich bereit erklärt, mich anläßlich meines heutigen Geburtstages gegen ein allerdings ansehnliches Honorar zu interviewen, nachdem man ihn wegen andauernder Erfolglosig- und Langweiligkeit – zuletzt mit dem gestelzten, unlustigen Quatsch aus der „Sportschule“ Malente – bei der ARD gebeten hat, bei fortlaufender Bezahlung bis zum Vertragsende sich anderen Tätigkeiten zuzuwenden und den anspruchsvollen Zuschauer nicht weiter mit seiner aufgeblasenen Staatstragendheit und Kumpelhaftigkeit zu nerven. Tiefer Besuch also!

Beckmann(schon mit mir am Tisch sitzend): Es ist mir eine große Freude, heute von Ihnen, Herr Meyer, empfangen zu werden und Ihnen meine drängenden Fragen stellen zu dürfen.

Ego: Das glaube ich Ihnen sogar. Möchten Sie ein Kissen für drunter?

Beckmann: Wie bitte? Ach so, nein Danke! Daran habe ich mich gewöhnt. Vielen meiner wichtigen Gäste sitze ich im übrigen Aug‘ in Aug‘ gegenüber und zu den anderen schaue ich halt auf.

Ego: Richtig!

Beckmann: Zunächst einmal meine herzlichsten Glückwünsche zum Ehrentag!

Ego: Danke!

Beckmann: Stimmen die 56 Lenze eigentlich, denn die sieht man Ihnen nicht an?

Ego: Ja, ja, nichts besonderes!

Beckmann: Feiern Sie trotzdem?

Ego: Nur im kleinsten Freundeskreise unter Männern!

Beckmann: Klingt gut! Sie haben wirklich echte Freunde?

Ego: Ja, ein paar, zum Glück! Können wir bitte zum Thema kommen!? Ich muß nämlich gleich los zum „Knipp“.

Beckmann: Selbstverständlich! Herr Meyer, Sie haben in den weniger als eineinhalb Jahren seit März letzten Jahres über 400 Beiträge zu Ihrer Internet-Kolumne „wolfsgeheul“ geschrieben und veröffentlicht und damit eine stattliche Leserschaft aufgebaut.

Ego: Ja, genau!

Beckmann: Was motiviert Sie?

Ego: Diese Frage stelle ich mir ab und an auch.

Beckmann: Ist das nicht unglaublich schwer, sich Tag für Tag außer Samstags immer wieder aufzuraffen?

Ego: Nein, das Schreiben geht mir leicht von der Hand.

Beckmann: Und, gehen Ihnen die Themen nicht langsam aus?

Ego: Nein, es gibt immer etwas, das mich beschäftigt, freut, stört, aufregt etc., und solange es Typen wie Sie gibt, ist für ausreichend Nachschub gesorgt. Denn wenn alle Stricke reißen, schreibe ich halt über solche Menschen und Ihr bemerkungsanregendes Opus. Meistens bieten sich aber erfreulicherweise andere, wirklich bedeutende und/oder tatsächlich lustige Themen an, so daß ich zu derartigen Notnägeln selten greifen muß.

Beckmann: Das ist ja beruhigend, daß ein Versiegen der Quelle nicht zu befürchten ist. Davon abgesehen, glauben Sie auch sonstig, daß Sie weiterhin diszipliniert Ihre Arbeiten abliefern werden?

Ego(auf die Armbanduhr tippend): Ach, wissen Sie, wer will schon für das Morgen planen!? Im Moment jedoch ist noch kein Ende abzusehen.

Beckmann(sich quasi effektlos aufrichtend und ein Kuvert über den Tisch schiebend): Dann freuen wir uns doch alle auf die nächsten 400 Kolumnen.

Ego(Kuvert in die Innentasche des Sakkos schiebend): Mal sehen! Danke!

Beckmann: Herr Meyer, seien Sie herzlich bedankt für das interessante Gespräch! Übrigens, ich hätte Zeit!

Ego(bereits aufstehend): Nur Freunde und Männer, Herr Beckmann!

Beckmann(aufspringend und mir die Hand entgegenreckend): Verstehe! Viel Vergnügen!

Ego(die Hand schüttelnd): Adieda!

Mist, schon wieder Zeit verloren! Ich glaube, ein Interview werde ich sobald nicht wieder geben. Scheiß‘ doch auf’s Geld! Aber, wenn gewünscht, gibt es jetzt gleich Steak für alle!?

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

P. S.: Erläuterungen zum Lokalkolorit: „Am Knipp“ ist eine gutbürgerliche Traditionsgaststätte in Aachen und „Adieda“ heißt hier „Tschö“, was wiederum die rheinische Version von „Tschüs“ darstellt.

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