wolfsgeheul.eu vom 24.03.2017

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Um Gottes willen, laßt mir meine Sonntagsruhe!

Wer heute durch deutsche Innenstädte schlendert, muß leider feststellen, daß dort der Pöbel die Fußgängerzonenhoheit praktisch übernommen hat. Das mutet umso erstaunlicher an, als gerade diese neuzeitliche Bevölkerungsschicht doch angeblich so bettelarm sein soll. Die Tütenzahl, die großen Eishörnchen und die Coffe-to-go-Becher in deren Händen sprechen allerdings eine ganz andere Sprache.

Nun mag es immer so gewesen sein, daß die Finanzschwachen gerade auch deshalb über wenig Geld verfügen, weil sie das wenige, was sie haben, unkontrolliert und maßlos ausgeben. Früher gab es aber trotzdem kaum Pöbel. Man zog sich zum Stadtgang korrekt, ja geradezu würdevoll an und benahm sich anständig. Diese Zivilisiertheit der einfachen Leute ist aber bedauerlicherweise verloren gegangen und man läßt sich in jeder Hinsicht unverhohlen öffentlich gehen, ohne sich zu schämen. Das wäre dem stolzen Proletarier der Vergangenheit niemals eingefallen, er war vielmehr ein vollanerkanntes, stolzes Mitglied der Gesellschaft, das sich nur durch tägliche harte Arbeit und chronisch geringeres Einkommen von vielen seiner Mitbürger unterschied. Asozial war ein Schimpfwort, heute ist es dagegen eher ein Rangabzeichen als eine Schande.

Wer aber nun dieser humanen Umweltverschmutzung nicht oder zumindest weitaus weniger ansichtig werden will, der muß eine Stadtbesichtigung auf den verkaufsreien Sonntag verschieben. Wenn nämlich der Umsetzung der geringen Kaufkraft keine Möglichkeiten geboten werden, meidet der Pöbel mehrheitlich die Konsumstraßen. Und da er sich auch nicht für Kirchen, Museen, Architektur etc. interessiert, gibt es für ihn keinen triftigen Grund, die Innenstädte aufzusuchen und deren Bild zu verunstalten. Hier im Dreiländereck findet man sie dann übrigens zum Beispiel in Vaals oder Maastricht, wo es diese Beschränkungen nicht gibt.

Meine FDP jedoch will uns nun auch noch diese Ruhe nehmen und fordert eine vollständige Liberalisierung des Handels. Welch‘ ein Irrweg! Gibt es denn eine genialere Methode, dem gesamten konsumwütigen Volk – insgesamt übrigens eine Form von Pöbeltum – einmal zwangsweise eine Pause zu verordnen, als den Geschäften zu verbieten, ihre Türen zu öffnen!? Und wie soll ich einem freigelassenen 24/7-Kaufsüchtigen dann noch erklären, daß man am Sonntag auch nicht Rasen mäht, Holz sägt und Autos wäscht?

Die Trennung von Staat und Kirche ist das eine. Der Erhalt einer christlich-abendländischen Kultur, die den Sonntag auf welche Art und Weise auch immer – den Gottesdienstbesuch will ich gar nicht heranziehen und besonders betonen – heiligt, jedoch das andere. Wenn alles auf dem Altar des freien Handels geopfert wird, bleibt die kultivierte Zivilisation auf der Strecke. Und wann soll man dann noch eine Stadt besichtigen?

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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wolfsgeheul.eu vom 18.03.2017

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Luther allerorten!

In einem samstagabendlichen protestantischen Studentengottesdienst wurde neulich an jeden Besucher am Ausgang ein Cellophantütchen mit drei Extasy-Pillen verbunden mit den besten Wünschen für ein aufregendes Wochenende ausgegeben, das folgende Aufschrift trug: „Ein Rausch ist zu ertragen, die Trunksucht aber nicht.“. Vorbildliche pädagogische Arbeit, um die Jugend endlich vom verteufelten Alkohol loszukriegen! Diese Aktion zeigt aber auch, wie lernfähig Frau Käßmann ist und wie kreativ sie eigene Erfahrungen in die Werbemaßnahmen des Luther-Reform-Jubiläums einbringt.

Aufsehenerregend war auch die Kampagne gegen die käufliche Liebe und für mehr Rücksichtnahme gegenüber Prostituierten, bei der an die Damen in der Hamburger Herbertsstraße lilafarbene T-Shirts verteilt wurden, die in großen weißen Lettern verkündeten: „Ein williges Pferd, soll man nicht zuviel reiten.“. Die Nutten berichten begeistert von deutlich geringerer Freierfrequenz und viel mehr Freizeit seither. Wegen des Verdienstausfalles allerdings verhandele man zur Zeit noch mit der Evangelischen Kirche Deutschlands über einen Ausgleich.

Aber der außergewöhnlichen Ideen scheint kein Ende. In Frankfurt wurden beim letzten Lokalderby am Stadioneingang an die Fans der Eintracht und der Lilien  Butterflymesser mit orangefarbenem Heft verschenkt, in deren Klingen folgendes eingelasert war: „Der erste Zorn ist immer der beste.“. Im Kampf gegen Hooligangewalt im Bundesligafußball mutet es geradezu genial an, das Problem über die gezielte Reduzierung der gewaltbereiten Zuschauer anzugehen. Das klingt vielversprechend. Die Maßnahme soll bei den Begegnungen BVB gegen Schalke und HSV versus Werder fortgesetzt werden.

Die umtriebigen Protestanten kümmern sich aber auch um die Wirtschaft. In einer Kooperation mit der Firma Wiesenhof werden vornehmlich in Mensen grüne Schals verteilt, die postulieren: „Kümmere dich nicht um ungelegte Eier.“. Die kritischen Studiosi sollen damit ruhiggestellt und endlich davon abgebracht werden, sich ständig kritisch mit den Bedingungen der Tierzucht und -haltung auseinanderzusetzen und stattdessen den Qualitätsprodukten vorbehaltslos zu begegnen.

Man darf gespannt sein, was der internen PR-Fabrik im Organisationkomitee des Reformationsjubeljahres noch so alles einfallen wird.

Auch wenn man dort einen schier unglaublichen Lauf hat, ist man naturgemäß nicht davor gefeit, einmal Fehler zu begehen. So war von der evangelischen Jugendkirche geplant, Kondome ohne Geschmacksaromatisierung unter das jugendliche Volk zu bringen, die schriftlich auf der Verpackung verlauten lassen: „Hier stehe ich, ich kann nicht anders.“. Diese Geschmacklosigkeit wurde richtigerweise kurz vor der Umsetzung gestoppt, weil die jungen Leute in ihrer sexuellen Entwicklung nicht durch lustfeindliche Geschmacksneutralität gestört werden sollen. Außerdem wolle man nicht mit unbelegten Lutherzitaten das Andenken an den großen Reformator in Mißkredit bringen. Man sei als christliche Kirche einfach der Wahrheit verpflichtet. Sogar im Fehlermanagement wird also Könnerschaft und Fingerspitzengefühlsechtheit bewiesen.

Ja, Frau Käßmann, wie sagte Luther!? „Eine Frau ist der beste Gefährte für das Leben.“ Bleiben sie an der Seite des Protestantismus. Die schwierigen Zeiten bedürfen ihrer Geist(voll)lichkeit.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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