wolfsgeheul.eu vom 14.04.2017

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„Denn alles Fleisch, es ist wie Gras
und alle Herrlichkeit des Menschen
wie des Grases Blumen.“

Es ist Karfreitag um zehn Minuten vor zehn Uhr! Und genau diese Worte tönen aus meinen Lautsprechern. Live aus der Chapel des King’s College zu Cambridge in Übertragung von BBC Radio 3, Internetradio sei Dank!

Wie kann man diese Welt nicht lieben!? Alle – wirklich alle? – eint oder sollte doch einen die Liebe zu von genialen Menschen geschaffener göttlicher Musik. Egal welchen bzw. keines Glaubens, wer ein Herz hat, kann sich der Kraft solcher Klänge doch nicht verschließen, oder!? Und die Briten sollten sich trotz Brexits einmal fragen, was sie denn ohne Händel, Bach, Haydn, Brahms etc. (musikalisch) hätten und wären.

Es geht eine Kraft von diesem Tag aus, die in reine kollektive Freude mündet. Zeit, sowohl innezuhalten als auch sich mitreißen zu lassen. In Frieden und Eintracht, nicht in Zwietracht!

 In diesem Sinne wünsche ich meinen Lesern schon jetzt ein frohes Osterfest.

Gerade verklungen:

„Herr, lehre doch mich,
daß ein Ende mit mir haben muß.
und mein Leben ein Ziel hat,
und ich davon muß.
Siehe, meine Tage sind
einer Hand breit vor Dir,
und mein Leben ist wie nichts vor Dir.“

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

P. S.: Gestern gab es wegen meiner Schusseligkeit eine „Gratiskolumne“. Die nächste wird am Abend der Ostermontags erscheinen.

 

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wolfsgeheul.eu vom 30.03.2017

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Winnetou weiß gemäß Robert Gernhardts Gedicht „Weil’s so schön war“ glücklicherweise, wie er sich im Gottesdienst zu verhalten hat:

„Paulus schrieb an die Apachen:

Ihr sollt nicht nach der Predigt klatschen.“.

Paulus müßte unbedingt auch den Mönchengladbachern einmal schreiben. Gestern beim Konzert mit dem jungen Pianisten Joseph Moog brandete sowohl nach dem ersten als auch nach dem zweiten Satz von Chopins Sonate op. 58 Applaus auf. Der Künstler reagierte souverän, erhob und verbeugte sich, um danach quasi ungerührt weiterzuspielen. Zwischen dem dritten und dem vierten Satz überlistete er dann das unkundige Publikum, was allerdings leider zu Lasten des angemessenen Ausklingens des letzten, leisen Akkordes des „Largo“ ging. Der Zweck heiligt halt die Mittel. Auf Befragen teilte er später mit, daß sich Vorfälle dieser Art in letzter Zeit immer wieder einmal zutragen. Traurig! Das macht den rapiden Bildungsrückgang augenfällig. Wo bleibt die Einhaltung der alten einfachen Regel, daß, wenn man sich nicht sicher ist, ob das Stück tatsächlich zu Ende ist, man tunlichst auf den Einsatz der Connaisseure wartet, bis man selbst in die Hände klatscht!? Paulus hat demnach auch in anderen Städten noch viel Aufklärungsarbeit zu leisten.

Ansonsten war es wieder ein großartiger Abend, den der örtliche Initiativkreis ermöglichte. Daß Moog – vielleicht liegt es an der Vornamensgleichheit – Haydn kann, bewies er zum Auftakt mit einer Fantasie(Hob. XVII No. 4). Brilliant und luftig gespielt, hätte der Komponist bestimmt seine Freude an der Interpretation seines Stückes gehabt. Dem Chopin fehlte dann – dem gebeutelten Künstler sei natürlich die Störung durch den ungebetenen Applaus zugutegehalten – ein wenig der typische polnische Schmalz, der Vortrag wirkte etwas spieluhrenartig. Während der Künstler meinte, das sei wohl seine Auffassung von der Sonate, glaube ich, daß er da mehr kann. Denn er zeigte sich ansonsten als das genaue Gegenteil von einem Musikroboter. Reife braucht aber seine Zeit, erst Recht bei jemandem, dem jede gekünstelte Aufgesetzheit fremd zu sein scheint. Vielleicht sollte er sich aber nur ein bißchen von Khatia Buniatishvili abgucken!? Den zweiten Teil nach der Pause eröffnete Joseph Moog dann mit Regers „Träume am Kamin“ op. 143. Auch wenn ich für Max Reger kein Spezialist bin, glaube ich, daß die zwölf kleinen Stücke genauso klingen sollen. Und seine Virtuosität bewies der Pianist dann endgültig mit Liszts Ungarischer Rhapsodie No. 12, die ihm alles abverlangte, ohne daß er an seine Grenzen stieß. So geht Liszt, und mehr wollte der Ungar meines Erachtens auch nicht erreichen. Was bei Haydn die herrliche Melodik, ist bei ihm das ob der Fingerfertigkeit des Tastenzauberers staunende Publikum.

Nach viel Applaus wurde – eine sehr gute und populäre Wahl – als Zugabe Gershwins „It’s wonderful“ in – so wörtlich – „eigener bescheidener Bearbeitung“ serviert. Auch wenn das aus dem Mund eines Könners etwas untertreibend klingt, man nimmt Joseph Moog diese Zurückhaltung ab. Wie er überhaupt sehr uneitel und unprätentiös sowohl im Spiel als auch im Auftreten daherkommt. Sympathisch! Mich hätten der quietschende Hocker und die unsynchron zupackenden Pedaldämpfer gestört; er sagt, daß man sich mit solch‘ allenthalben vorkommenden Unzulänglichkeiten abfinden müsse, wenn man seine Ruhe bewahren wolle. Ein Profi halt, von dem man noch viel hören wird und möchte! Die Gladbacher aber sollten zukünftig den schwarzen Arbeitsgeräten etwas mehr Aufmerksamkeit widmen.

Wieder hatte ich übrigens ein Kind zum Nachbarn, einen netten Zwölfjährigen in Begleitung seines Vaters, der sich comme il faut benommen hat und ganz unbefangen und frei mit mir unterhielt. Seit zwei Jahren Klavierunterricht und jetzt noch als Zweitinstrument Kontrabaß! Es gibt sie also noch, die jungen Menschen, denen eine gute Erziehung angediehen lassen wird. Erfreulich!

Hoffen wir abschließend, daß Paulus die Mönchengladbacher nicht für Irokesen hält. Denn wie formulierte Gernhardt?

„Paulus schrieb den Irokesen:

Euch schreib ich nichts, lernt erst mal lesen.“

Howgh!

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

 

 

 

 

 

 

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