wolfsgeheul.eu vom 14.03.2016

0
0

„Völker, hört die Signale“! „Wie bitte? Ich verstehe Sie nicht!“

Die Welt hat ein Hörproblem. Die Alten haben kein „Kind“, sondern immer noch „Adolf“ und „Erich“ im Ohr, die Mid-Ager sind zu sehr mit den eigenen Problemen beschäftigt, um anderen zuzuhören, und die Jugend verstöpselt ihre Lauscher mit Kopfhörern. Deshalb werden fast nur die wahrgenommen, die laut schreien und dabei plakativ reden. Für mehr reicht die Zeit der kurzen Aufmerksamkeit in einer taubgeworden Gesellschaft nicht aus. Einem Knallzeugen gleich wird der Mensch aufgeschreckt und urteilt dann, ohne etwas gesehen, geschweige denn verstanden zu haben. In der Masse jubeln sie zwar mit, wissen aber gar nicht, was sie eigentlich beklatschen. Ist auch nicht so wichtig! Hauptsache es macht Lärm, gibt wenigstens einen kleinen Reiz! Und da man den anderen nicht mehr hört, geifert man aneinander vorbei. Es ist wie das Verrichten einer Notdurft, um die Scheiße aus den Hirnen zu entsorgen, rein mechanisch, freud- und leidenschaftslos. Die Menschheit sitzt dicht an dicht aber isoliert nebeneinander auf der Latrine und besudelt sich gegenseitig. Dabei reflektieren sie sich selbst, also starren ins Leere, ohne in sich hineinzuhören. Dafür ist es auch zu laut! Kakophonie der wörtlichen Art!

Daß eine große Zahl der Menschen sich trotzdem gar nicht so unwohl zu fühlen scheint, muß daran liegen, daß auch der Geruchssinn durch die Dauerbelastung mit Fäkaldämpfen abgestumpft ist und Schaden genommen hat.

Stell dir vor, auf der Erde stinkt’s und keiner merkt’s! Also dann: „Augen auf!“! Denn wer sieht, daß er nur Scheiße produziert und in selbiger sitzt, muß doch wenigstens auf den beißenden Gestank schließen können, der ihn umgibt, und sich zu ekeln beginnen. Scham ist aller Kultiviertheit Anfang!

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

0
0

wolfsgeheul.eu vom 16.06.2015

0
0

Ende vergangener Woche war ich bei einem Heavy-Metal-Konzert. Jeder, der mich kennt, weiß, daß das nicht zwingend meine Welt ist, wenngleich ich schon sagen muß, daß populäre Unterhaltungsmusik mir eigentlich nur dann gut gefällt, wenn sie laut ist, einen guten Leadsänger hat, viel fingerfertigen Gitarrensound versprüht und virtuose Keyboard- und Schlagzeugpassagen enthält. Wie sonst hätten wir The Who, Deep Purple, Led Zeppelin, Yes und vergleichbare Formationen ertragen und mögen können!? Sowohl Robert Plant als auch Rick Wakeman sieht und hört man sogar heute noch gerne. Und selbst mit Punk konnten wir teilweise etwas anfangen, wurde ich doch bei meinem Rencontre mit Vivienne Westwood in der letzten Woche erfreulicherweise erinnert, einmal wieder meine Ian Dury-Platte herauszusuchen.

Beim aktuellen Auftritt handelte es sich nun um eine aufstrebende junge Band, deren Komponist, Gitarrist und Produzent ein sehr netter Student aus meiner Nachbarschaft ist und der mich eingeladen hatte. Der Stil wird mit „Progressive Metal“ anggegeben, was mir nichts sagte, jedoch eher Hochexperimentelles erwarten ließ. Ort des Geschehens war ein Hochbunker in Aachen, den ich bei der Gelegenheit auch in Augenschein nehmen wollte. Der relativ kleine Raum mit Guckkastenbühne beherbergte nach meiner Schätzung maximal einhundert Besucher, die einzigen Alten waren ein Freund von mir, der Vater des Drummern, eine nicht näher zuordenbare ältere Dame und ich.

Die Musik war absolut anhörbar, vielseitig und sehr kundig dargeboten. Die Texte möchte ich in keinster Weise herabwürdigend als etwas tiefsinnigere, englische Schlagerlyrik bezeichnen mit Weltschmerz, jugendlicher Zerissenheit, Liebe und ähnlichem zum Inhalte. So weit, so in Ordnung und fast normal! Unüberhörbar aber produzierten die vier Herren und eine, auch singende, Bassisten in ihrem engen, kleinen Zimmer eine genauso erwartete wie in meinen Augen – oder sollte ich Ohren sagen!? – dazugehörige beachtliche Lautstärke, die ungefiltert die vierte Wand durchbrach und über die Trommelfelle des Publikums herfiel. Es zu ertragen, über sich ergehen zu lassen, ja, zu genießen war für mich Teil der Vereinbarung und machte das Erlebnis rund. Doch dann sah ich die ersten jungen Leute, die übrigens ein ganz normales Spiegelbild der heutigen Jugendvielfalt darboten, eher sogar etwas biederer als erwartet waren, an ihren Ohren nesteln. Und was ich dann erkannte, war eine faustdicke Überraschung. Während wir alten Säcke glaubten, es sei unumgänglich, sich die verbliebene Hörfähigkeit weiter zu ruinieren, trugen fast alle anderen entweder die bekannten gelben Ohrstöpsel oder Papiertaschentuchkügelchen in ihren jungen Ohren. Was für ein Generationsunterschied! Da haben die jungen Leute doch tatsächlich auf ihre Erzeuger, Erzieher und vielfachen ärztlichen Rat im wahrsten Sinne des Wortes gehört und schützen sich freiwillig. Mich hat das bewogen, es ihnen sofort gleichzutun. Und was soll ich sagen, es wurde einerseits erträglich, war aber auf der anderen Seite nur noch der halbe Spaß. Unvernunft hat auch seine schönen Seiten, wenn man die Langzeitschäden außer Acht läßt.

Den neuen Trend sollte die mir fast mafiös erscheinende, sehr gute Lobbyarbeit leistende und am kostenlosen Gesundheitssozialismus kräftig verdienende Hörgeräteindustrie rechtzeitig bedenken. Hat heute nämlich ein lukrativer Prozentsatz meiner Generation – ob es wirklich nötig ist oder nicht, kann man nicht sagen, weil das für die Produzenten, Ärzte und Akustiker, die den Profit im Vordergrund sehen, eigentlich auch keine Rolle spielt und Dinge, die umsonst sind, unabhängig von der Notwendigkeit, gerne in Anspruch genommen werden – schon ein „Kind“ im Ohr, werden unsere Kinder darum hoffentlich viel länger einen großen Bogen machen können. Und wenn man Genuß nur in der gedämpften Variante kennenlernt, vermißt man vielleicht auch nichts. Gegen die sinnvolle Vorbeugung von Hörschäden will ich deshalb überhaupt nichts sagen, es wäre mir nur lieb, nähme die Jugend, wenn es um Politik und ihre Zukunft geht, hier und da einfach einmal die Ohrstöpsel heraus und beteiligte sich am Diskurs.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

 

0
0