wolfsgeheul.eu vom 30.05.2016

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„Wenn ich groß bin,

hab‘ ich ’ne Meise im Toupet.“

Und wenn in Colmitz/Sachsen gleichzeitig der Karnickel- und Geflügelzüchterverein sowie die Feuerwehr ihr 110-jähriges und die Kirche gar ihr 850-jähriges Jubiläum begehen und aus diesem Anlaß der Heimatverein einen Festumzug organisiert und veranstaltet, dann ist wie selbstverständlich eine Gruppe mit Wehrmachtsuniformen und -gerät inklusive Hakenkreuzen Teil im heiteren Ringelreihen, so berichtet es Spiegel-Online. Im Dorf soll sich niemand daran gestört haben! Viele Menschen dort verharren einfach  in ihrer diffusen und selbstzerstörerischen Verklärung von Diktaturen brauner und roter Provenienz, und wir stehen staunend und entsetzt davor. Hört der Horror denn nie auf!?

Wer sich nun immer noch fragt, warum das so ist und weshalb diese hirnvernebelten Geisteskrüppel offensichtlich bis heute nicht die Kurve kriegen, findet eine nicht unbedeutende Antwort im unsäglichen Wehrkundeunterricht der DDR, der am 27. 05. 1951 eingeführt worden ist. Im regelmäßigen Radio-Feature bei WDR2 „Stichtag“ wurde am vergangenen Freitag ein erhellender Beitrag hierzu gesendet, nachzuhören unter “ http://www1.wdr.de/mediathek/audio/wdr2/wdr2-stichtag/index.html “ .

Als Beispiel für das unterirdische Niveau hier der vollständige Text eines erbärmlichen Kinderliedes aus dieser Zeit, welches obendrein auf eine denkbar primitive Melodie gesungen wird:

„Wenn ich groß bin
gehe ich zur Volksarmee.
Ich fahre einen Panzer –
rattata rattata rattatatata

Wenn ich groß bin
gehe ich zur Volksarmee.
Ich steige in ein Flugzeug –
huisisit huisisit huisihuisisit

Wenn ich groß bin
gehe ich zur Volksarmee.
Ich baue große Brücken –
romtomtom romtomtom romtomtomtomtom

Wenn ich groß bin
gehe ich zur Volksarmee.
Ich werd ein flinker Funker –
dadidit dadidit dadidadidit

Wenn ich groß bin
gehe ich zur Volksarmee.
Ich lade die Kanone –
rumbummbumm rumbummbumm rumbummbummbummbumm”!

Noch Fragen? Wer so groß wird, kann seine zwangsweise erlernte Einfältigkeit nicht einfach ablegen. So etwas prägt in Form einer dauerhaften Denklähmung! Da muß froh sein, wer das Glück hatte, im Westen sozialisiert zu werden. Trotzdem gibt es über 25 Jahre nach der Wende keine Entschuldigung mehr, aber zumindest eine weitere Erklärung kann man in der Wehrerziehungsgeschichte entdecken.

Die Herausforderung ist es weiterhin, die Ex-DDRler von ihrer faschistisch-kommunistischen Deformation zu befreien. Das geht augenscheinlich nicht von heute auf morgen. Offenbar haben wir in der Nachwendezeit jedoch auch nicht ausreichend viel in dieser Richtung unternommen. Aber der Hauptimpuls dafür muß natürlich von den Diktaturopfern selbst ausgehen. Helfen wir ihnen nach Kräften dabei! Wie uns das gelingen soll, wird mir allerdings zunehmend ein Rätsel. Möge es nicht zur Ultima ratio „Ich lade die Kanone, rumbummbumm“ kommen müssen!

Die immer unerträglicher werdende Wartezeit kann man sich vielleicht mit dem unvergessenen Heinz Erhard verkürzen und singen:

„Immer wenn ich traurig bin, trink‘ ich einen Korn,

Wenn ich dann noch traurig bin, trink‘ ich noch’n Korn,

Wenn ich dann noch traurig bin, trink‘ ich noch’n Korn,

Und wenn ich dann noch traurig bin, fang‘ ich an von vorn.“

Aber mit Schönsaufen allein wird es leider nicht getan sein. Sachsen ist Teil der Bundesrepublik und besudelt uns alle. Das muß aufhören!

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

 

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wolfsgeheul.eu vom 21.04.2016

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Freiberufler sind in mancherlei Hinsicht zu beneiden, zum Beispiel weil sie – wie ich – heute den vorerst letzten schönen Tag nutzen und bei strahlendem Wetter eine gepflegte Golfrunde einlegen konnten. Da nimmt man das Nachsitzen am Abend liebendgern in Kauf und arbeitet umso freudiger. Ähnliche Vorzüge genießen Lehrer. Und so traf es sich, daß ein Berufsschullehrer(Betriebswirt) mit mir gemeinsam dieses doppelte – freie Zeit und Golfsport – Privileg genoß und sich gleichermaßen am Wetter und den herrlichen Aussichten erfreute. Dazu gab es sehr gute Gespräche, zum nahezu vollkommenen Glück einmal wieder über fast alles andere als das edle Bällchenschlagen. Viele interessante Themen – Kapitalismus, Kommunismus, Grundrente, Grundeinkommen, Vermögensverteilung, Spekulationsgewinne, Finanzströme etc. – wurden angeschnitten und erste Differenzen und gleichartige Auffassungen herausgearbeitet. Bei hoffentlich sich ergebenden weiteren Runden werde ich noch vieles mir Unbekannte erfahren und vielleicht fundierter darüber schreiben können. Ach, gäbe es doch mehr solcher Begegnungen! Davon kann man nicht genug bekommen. Die Menschen reden zuwenig miteinander, und wenn sie es tun, geht es zu oft um belangloses, dummes Zeug. Der Geist will aber permanent geschärft werden, soll er sein Niveau halten oder sich gar noch entwickeln.

Die Thematik der zunehmenden Ungleichheit zwischen Armen und Reichen bringt mich – glücklicherweise, weil es auch Zeit spart, die ich vorher vorsätzlich anderweitig vertan habe, – auf Christian Fürchtegott Gellert, der in der Zeit von 1729 bis 1734 an der Fürstenschule St. Afra zu Meißen — heute – auch das ist Sachsen dank Biedenkopf – ein vorbildliches staatliches Hochbegabtengymnasium — als Schüler weilte und dort folgendes Gedicht schrieb:

 

„Das Kutschpferd

Ein Kutschpferd sah den Gaul den Pflug im Acker ziehn
und wieherte mit Stolz auf ihn hin.
Wann, sprach es, und fing an, die Schenkel schön zu heben,
wann kannst du dir ein solches Ansehn geben?
Und wann bewundert dich die Welt?
Schweig, rief der Gaul, und laß mich ruhig pflügen!
Denn baute nicht mein Fleiß das Feld,
wo würdest du den Hafer kriegen,
der deiner Schenkel Stolz erhält?

Die ihr die Niedern so verachtet,
vornehme Müßgiggänger, wißt,
daß selbst der Stolz, mit dem ihr sie betrachtet,
daß euer Vorzug selbst, aus dem ihr sie verachtet,
auf ihren Fleiß gegründet ist.
Ist der, der sich und euch durch seine Händ ernährt,
nichts Bess´res als Verachtung wert?

Gesetzt, du hättest bess´re Sitten:
so ist der Vorzug doch nicht dein.
Denn stammtest du aus ihren Hütten,
so hättest du auch ihre Sitten;
und was du bist und mehr, das würden sie auch sein,
wenn sie wie du erzogen wären.
Dich kann die Welt sehr leicht, ihn aber nicht entbehren.“

Vielleicht sollten darüber manche einmal nachdenken, erst recht das teilweise arrogante Golferpack!? Meinem heutigen Partner wird es sicher gefallen.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

 

 

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