wolfsgeheul.eu vom 20.10.2017

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Als die Mitte noch unbesetzt war, ging es uns besser.

Schiffe haben zwei Positionsleuchten, eine rote für links, sprich Backbord, und eine grüne für rechts, sprich Steuerbord. Das reicht aus. Dazwischen braucht es nämlich keine Lampe, da sich die Dimensionen eines Kahnes über seine Außenseiten determinieren. Und die seitlichen Leuchtkörper müssen sich auch nicht im geringsten weiter in ihre angezeigte Richtung bewegen, um  weitere Ränder zu markieren, weil es solche nicht gibt.

Und ähnlich war es in der Politik. Die Roten standen links, die Rechten rechts, waren allerdings schwarz. Weder die Grünen noch die Gelben und erst recht nicht die Braunen und die Blutroten ordneten sich dazwischen ein, sondern waren nur Varianten der jeweiligen Pole. Selbst wenn sie sich von beiden Seiten bedienten, war ihr Profil niemals mittig. Der Wähler hatte also immer die Möglichkeit, sich zwischen deutlich voneinander entfernten Positionen bzw. einer Mischung daraus zu entscheiden.

Unser kollektives Problem begann erst von dem Moment an, als abgesehen von den Neonazis und den Kommunisten alle begonnen haben, sich aufeinander zuzubewegen, um sich gegenseitig die Wähler abspenstig zu machen. Auf diese Weise entstand eine ununterscheidbare Mitte, in der die Farbe eigentlich keine wesentliche Rolle mehr spielte. Und wenn man alle Farben mischt, dann ergibt sich ein ekliges Braun.

Und genau das erleben wir heute. Alle bürgerlichen Parteien sind irgendwie beliebig und austauschbar geworden und haben dabei, weil jede das gesamte Spektrum bedienen will, letztlich ihre Erkennbarkeit als Farbtupfer verloren und stattdessen selbst eine gewöhnliche Braunfärbung angenommen. Diese ist dann übrigens genausowenig markant wie ihre jeweiligen Repräsentanten. Deshalb giert der Durchschnittsbürger nach mehr Differenzierung und sucht das reine Braun, das natürlich auch blutrot sein kann. Nazis kann man also nur bekämpfen, wenn die Farben in die Politik zurückkehren.

Denn die Verbiederung unserer Gesellschaft resultiert genau aus dieser ungesunden Entwicklung. Es gibt nur noch die Alternative „ein bißchen schmutzig“ oder „richtig dreckig“.

Wenn wir uns nun fragen, wer an diesem Prozeß die Schuld trägt, kommt man unweigerlich auf unsere ewige Kanzlerin, die durch ihre Beliebigkeit maßgeblich den Marsch in die Mitte vollzogen sowie diese damit interessant, erstrebenswert und populär gemacht hat.

Wir brauchen dringend wieder Parteien mit klarem, einzigartigem Gesicht, das selbst in Koalitionen nicht aufgegeben, sondern dem stets Sichtbarkeit verschafft wird. Es ist deshalb ein guter Anfang, wenn der farblose Tillich geht und der undefinierbare Seehofer wohl bald gegangen wird. Denn dann dürfte sich auch Frau Merkel nicht mehr lange halten können.

Freuen wir uns also wieder auf den Kampf um Positionen, denn die Mitte steht leider nur für Mittelmaß. Und das ist intolerant und spießig, weil man stabil steht. Auf einer Waage braucht es aber entgegengesetzte eigenständige Gewichte, die sich trauen, der Waagschale Schwere zu verleihen, um letztlich eine Balance herzustellen, die durchaus darin bestehen kann, daß einmal die eine Seite und dann wieder die andere gewinnt.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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wolfsgeheul.eu vom 27.09.2017

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Hein Blöd, Mitarbeiter des Ordungsamtes Berlin, erhält das Bundesverdienstkreuz.

Warum das? Den 20. April diesen Jahres wird die erste Schicht der städtischen Ordnungshüter unserer Hauptstadt wohl nicht vergessen. In der Frühstückspause entnahm der eher als introvertiert geltende Kollege Blöd seinem Rucksack nicht wie gewohnt seine Blechdose mit den Butterbroten, sondern einen kleinen Wegwerfgrill. Vor lauter Faszination wagte keiner einzugreifen, als dieser in Windeseile entzündet wurde. Danach entnahm er seiner Rückentasche ein ältliches Buch, das er mit feierlichem Gestus dem Feuer überantwortete und dazu brüllte „Nieder mit den Nazis!“. Erst jetzt entdeckten die gebannten Zuschauer das goldene Hakenkreuz auf dem sich in den Flammen krümmenden blauen Buchdeckel. Dann bereitete die Sprinkleranlage der Kantine dem Spuck ein rasches Ende. Die Anwesenden waren sich sicher, daß das Betreiben eines offenen Feuers im Speiseraum mit der Folge eines nicht unerheblichen Wasserschadens am Gebäude das Ende des Kollegen Blöd, der seinem Namen nun wirklich alle Ehre gemacht hatte, als Staatsdiener nach sich ziehen würde. Doch es kam ganz anders. Die Tatsache, daß er an Hitlers Geburtstag ein antiquarisches Exemplar von „Mein Kampf“ öffentlich verbrannt hatte, wurde vielmehr als Heldentat gefeiert. Von höchsten Stellen wurde er mit Belobigungen überhäuft. Deshalb war es auch nur konsequent, ihn für die hohe deutsche Auszeichnung vorzuschlagen. Der Bundespräsident war ebenfalls begeistert von diesem heldenhaften symbolischen Akt und folgte dem Vorschlag prompt. Morgen nun wird die Verleihung stattfinden.

Nun schütte ich nur ungern Wasser in den Wein, aber darf man angesichts der schändlichen Bücherverbrennungen der Nazis einen nämlichen Vorgang prämieren, nur weil ein übles Machwerk Raub der Flammen geworden ist? Ist es eine Auszeichnung wert, wenn Gleiches mit Gleichem vergolten wird?

Der Umgang mit unserer stockdunklen Vergangenheit treibt immer noch sonderbare Blüten und vernebelt teilweise die Sinne. Er läßt damit leider die notwendige Gelassenheit vermissen. So bekämpfen wir den erschreckenderweise wieder zur Blüte kommenden Rechtspopulismus nicht. Das ist traurig, da gerade dieser unsichere Boden Einfallstore bietet, die die Ewiggestrigen nutzen können, um ihr ekliges Süppchen zu kochen. Bücher, egal welchen Inhaltes, verbrennt man nicht. Wenn es also nach mir gegangen wäre, hätte ich Herrn Blöd wegen seines unverantwortlichen Tuns unabhängig von seinen möglicherweise redlichen Motiven fristlos entlassen.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

P. S.: Mit obiger Geschichte korrespondiert eine aktuelle Entscheidung(Az.: 10 Sa 899/17), die das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg gefällt hat. Es bestätigte die ordentliche Kündigung eines Mitarbeiters des Ordnungsamtes Berlin, der während einer Pause in seiner Uniform in einem antiquarischen Exemplar von Hitlers „Mein Kampf“, dessen Buchdeckel das Hakenkreuz zierte, gelesen hat. Aha! Wer in diesem Buch schmökert, ist also unverkennbar ein Nazi und beschmutzt sein öffentliches Amt inklusive der dazugehörigen Tracht! Nach meinem letzten Stand sind jedoch weder der Besitz noch der An- oder Verkauf dieses unsäglichen Buches verboten. Das ist auch richtig so, denn das Studieren von historischen Quellen kann nicht unter Strafe stehen, da sich nur so dem aufmerksamen Leser die Möglichkeit eröffnet, das Infame der Naziidelogie in Gänze zu erkennen. Geschichte arbeitet man nicht auf, indem man die Beschäftigung mit ihr verbietet. Vielleicht sollte der gekündigte Ordnungsamtler die nun freie Zeit dazu nutzen, Historiker oder Jurist zu werden und dereinst zu diesem Thema zu promovieren!? Und was wäre eigentlich passiert, wenn sich der Uniformierte bei Kaffee und Brötchen in die Mao-Bibel oder in ein Werk Stalins vertieft hätte!?

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