wolfsgeheul.eu vom 01.03.2017

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„Zum Prinzen drängt,

Am Prinzen hängt,

Doch alles. Ach wir Glücklichen!“

„Fack ju Göhte“ und sorry für Verballhornung! Am Aschermittwoch ist zwar alles vorbei, aber auch die Zeit, ein Resümee über die Karnevalssession zu ziehen und nicht überraschend festzustellen, daß alles im Mißraten wie im Mißlingen an einzelnen Menschen hängt.

Die Mainzer haben sich nicht den Schneid abkaufen lassen und eine beachtliche, wenn auch teilweise etwas überambiotionierte Sitzung, was das Anti-AfD-Sendungsbewußtsein anbelangte, mit gigantischen Fernsehquoten hingelegt. Die Kölner haben wohl eine grandiose Saison mit einem bürgernahen und insgesamt herausragenden Dreigestirn, das obendrein die Krätzje-Tradition belebt hat und sehr karitativ unterwegs war, hinter sich gebracht. Von Düsseldorf, meiner Geburtsstadt, gibt es wie immer überwiegend von den alles überragenden politischen Rosenmontagswagen Tillys nur Gutes zu berichten.

Und meine Heimatstadt Aachen? Der öffentlichkeitswirksame Teil des Karnevals mit der Entscheidung für Ritter Gysi stand stark in meiner Kritik. Aber den Bereich des eher Lokalen – aber des damit nicht minder Wichtigen – kann man nur in höchsten Tönen loben. „Eimol Prinz zo sin“, der diesjährige Thomas III. hat nach meiner Kenntnis alles bisher dagewesene übertroffen, indem er mit seinem Hofstaat ein paar wunderbare Lieder eingesungen und mit schier unendlicher Energie rastlos über Wochen vorgetragen hat, die die nach lokaler Karnevalsmusik geradezu lechzenden heimischen Jecken mitgerissen haben. Man kann es ja auch nur zu gut verstehen. Denn sosehr ich die Kölner schätze und verehre, so blöd kann es natürlich auch manchmal sein, wenn Öcher oder Düsseldorfer in Ermangelung eigener Songs mit Inbrunst „Ich bin ne kölsche Jung“ schmettern. Und den gestrigen AKV-Theaterball, den ich trotz meiner kleinen Fehde erstmalig besucht habe, weil ich es versprochen hatte, hat er damit veredelt und zu einem unvergeßlichen Erlebnis gemacht, das die Session fulminant beendete. Wenn aber ansonsten der beste karnevalistische Beitrag des Abends von einem urkomischen Duo vom alternativen „Kappesball“ bestritten wird, sollten sich die Lackschuhkarnevalisten einmal Gedanken machen. Es ist zwar schön, daß die ansonsten sehr gegensätzlichen Gruppen auf diese Weise aufeinanderzugehen – etwas, das in Köln zwischen „Stunksitzung“ und Etablierten wohl eher undenkbar erscheint -, aber für die Traditionsvereine sollte es einen Weckruf darstellen und den diesbezüglichen Nachholbedarf in den eigenen Reihen deutlich machen.

Die ultimative Abrundung war dann der Aschermittwochs-Gottesdienst heute abend im Hohen Dom zu Aachen auf Öcher Platt. So klingt zum Beispiel die Spezialfassung des „Vater unser“ im hiesigen Dialekt:

„Vadder ejjene Hömmel, Dinge Nam sall os heilig siie. Die Rich sall komme, Dinge Well sall jelde ejjene Hömmel än open Eäd. Jevv os et däjelich Bruet än loss os de Schold noeh, wie ouch vür dön verjevve welle, die aan os schöldig wooete. Loss os net vür der reähte Wejg avkomme än erlues os va de Schleähtigheät. Denn Du alleng hat et Sage, die Kraff än de Praach. Ömmerzou. Amen.“

Da geht einem – nur als Rheinländer? – doch das Herz auf. Und wenn dann noch auf dem Heimweg mich mein türkischer Gemüsehändler dezent auf den Schmier auf meiner Stirn aufmerksam macht, für den er mein Aschekreuz hält und der ihn zunächst gar zu der Vermutung verleitet, ich hätte eine Autopanne gehabt, und wir beide nach der Aufklärung herzlich lachen, dann weiß ich einmal mehr nicht, was man Grundsätzliches gegen ein Nebeneinander der Kulturen haben kann. Es bereichert beide Seiten und macht mein Aachen so lebenswert. Der nächste Karneval kommt bestimmt.

Schöne Fastenzeit und

gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

 

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wolfsgeheul.eu vom 29.01.2017

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Mitten in der Hochzeit des Karnevals begehe ich demnächst mein 6-jähriges Aachen-Jubiläum. Ein guter Anlaß, meiner neuen Heimat einmal zu huldigen!

Als gebürtiger Düsseldorfer halbrheinischen Blutes, der bei allen „Abwegen“ über Iserlohn(Sauerland), Hilchenbach(Siegerland), Münster(land), Germering(München), Limbach-Oberfrohna(Sachsen) und nach zwischenzeitlichen rheintreuen Stationen in Haan(Kreis D’dorf), Krefeld(Niederrhein) und mit hessischen Abstrichen Eltville(Rheingau) im fortgeschrittenen Alter in 2011 nach NRW, dem Bundesland seiner Geburt und überwiegenden Heimat, zurückkehrt, stand für mich außer Frage, daß Aachen dem Rheinland am nächsten kommt und gleichzeitig eine spannende und bewußtseinserweiternde Nähe zum Eifeler Bergvolk, dem oberen Belgien und den unteren Niederlanden(Limburg) aufweist. Daß die Euregio Rhein-Maas noch nicht so lebt, wie ich es erhofft und ungeprüft vorauseilend positiv unterstellt habe(s. Kolumne vom 30.09.2015), ändert nichts daran, daß, wenn man es will, daraus ungeheure Vorteile zu ziehen sind und es sehr genußvoll sein kann, hier zu leben. Und daß die Mentalität genauso wie der Dialekt im besten Sinne rheinisch sind, ist ebenfalls unstreitig.

Was ich aber von Beginn an unterstellt habe und letztlich wußte, ist, daß der Öcher Karneval gleich dem Düsseldorfer in Bezug auf jeckes Liedgut an irgendeinem Punkt vor langer Zeit den Anschluß an die kreativen und fähigen Kölner verloren hat, so daß für einen guten Rheinländer, egal wo er herkommt und domiziliert, karnevalistisches Treiben ohne kölsche Lieder undenkbar ist. Die Texte beherrscht man in der gesamten Region von der ersten bis zur letzten Zeile und ohne sie ist der Fastelovend nichts wert. Das zu akzeptieren fällt den Abgehängten immer wieder neu schwer, aber es erscheint nahezu unmöglich, jemals wieder den Anschluß zu finden, geschweige denn ernsthaft in Konkurrenz zu treten. Als Düsseldorfer sehe ich das völlig gelassen, weil ich eine bessere Leistung problemlos anzuerkennen vermag und jedem Abklatsch vorziehe. Leider sind nicht alle dazu in der Lage, was in Aachen zum Beispiel dazu führt, daß zu Karneval mancherorts auch primitive mallorkinische Stimmungsmusik gespielt wird.

In dieser Session aber gibt es ein Lied auf der Prinzen-CD 2017, das erstens nett und gut zu singen und dem zweitens von der Aussage her zuzustimmen ist. Der Text lautet wie folgt:

„Ich kenn viele andere Orte, deren Name größer klingt Doch es gibt keine andere Stadt, in der man schon beim reden singt und wo man singt da lass Dich nieder, haben viele schon gesagt Wer mal fort war der kommt wieder und dann wird Partyyy gemacht

Refrain:
Ich will nach Aix – (CHOR) lalalala, la Chapelle zurück – (CHOR) lalalala. In keiner anderen Stadt find ich mein Glück Ich brauch die Oecher Luft zum Atmen, bin nach Oecher Flair verrückt. Ich will nach Aix – (CHOR) lalalala, la Chapelle zurück.

Nirgendwo hab ich gefunden, was ich hier in Aachen fand. Andere Länder um die Ecke, blicke übern Tellerrand! Da war immer diese Sehnsucht, nach der alten Kaiserstadt. Da war immer dieses Lied, das sich in mir gemeldet hat.

Refrain:
s. o.

Langsam glaub ich zu verstehen, was ich so an Aachen schätz. Kommst de heut nicht kommst de Morgen, heißt das Oecher Grundgesetz. In Köln musst Du voll Scham versinken, trinkst Du Pils oder ein Alt. Nur in Aachen kann man trinken, was man will – Hauptsache kalt.

Refrain:
s. o. “ (Anm. des Autors: Text fast unverändert aus dem Netz von der Prinzen-Homepage übernommen; lediglich habe ich mir erlaubt, aus „Scharm“ das gemeinte „Scham“ zu machen)

So sehr mir Feindschaften benachbarter Städte auch Spaß bereiten, so sehr können sie einen manchmal auch langweilen. Helau- und Alaaf-Rufer machen sich übereinander verächtlich und das Altbier wird gegen das Kölsch ausgespielt. Wat’ene Quatsch!

Zwar macht Aachen, gerade auch aktuell, beim Helau-Bashing mit, aber die Freiheit der Getränkewahl hat tatsächlich etwas für sich. Allerdings gibt es merkwürdigerweise, denn die „Braunbier“-Fraktion beginnt schon in Mönchengladbach, noch Nachholbedarf in der tatsächlichen Umsetzung von tolerantem Ausschank von Alt vom Faß in den Traditionskneipen der westlichsten deutschen Großstadt. Aber das Öcher Platt singt tatsächlich noch mehr und schöner als das Düsseldorfer, und Oche ist wirklich eine lebendige Stadt, die von der Lage, ihren Studenten, ihren Nachbarn und ihren sympatischen Ureinwohnern profitiert. Mit diesem Pfund läßt sich wuchern.

Für meine unstete Vita, meine Wurzeln, meine Liebe zum Meer(Nordsee) und meine frankophile Ader bietet Aachen nicht nur Heimatcharakter und Bedienung meiner Vorlieben vor Ort oder in der Nähe, sondern es könnte sogar Altersruhesitz werden.

Alaaf!

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

 

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