wolfsgeheul.eu vom 05.08.2016

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„Wer zweimal mit derselben pennt, gehört schon zum Establishment!“.

Diesen Sponti-Spruch zitierte neulich stolz ein seriöser Geschäftsmann und guter Golfer, der das Glück oder Pech hatte, daß sein jugendliches Hoch in die 68er-Zeit fiel. Nun haben viele von uns wilde Erinnerungen an unsere Sturm-und-Drang-Zeit und glücklicherweise ist längst nicht alles davon Jäger-Latein. Was auch immer man jedoch für verrückte Sachen gemacht hat, auf die man stolz sein kann oder aber auch nicht, ist es eigentlich ein Ruhmesblatt, so wahllos und hektisch promiskuitiv gewesen zu sein, daß man Jahre seines Lebens mit One-Night-Stands vergeudet hat und gar keinen wahren, tiefergehenden, vertrauensvollen und elaborierten Sex lernen und haben konnte!? Kann und sollte man damit prahlen? Und was ist eigentlich von Menschen zu halten, die derart geprägt worden sind!?

Fraglos war die 68er-Bewegung nur konsequent und nahezu zwangsläufig angesichts der traurigen Tatsache, daß unzählige Altnazis sich nahtlos in die Bundesrepublik hinübergerettet hatten und hohe bis höchste Positionen bekleideten. Der große Franz-Josef Degenhardt hatte ja leider recht, wenn er von „den braunen Richtern in ihren roten Roben“ sprach bzw. sang. Auch den sehr autoritären Wesenszügen der jungen Republik als Relikt einer Zeit, in der insbesondere diese es ermöglichten, daß Nazi-Deutschland so hartnäckig existieren konnte, sowie das überkommene Geschlechterbild mußten über kurz oder lang den Unmut der Jugend erregen. Daß dann in vielem über das Ziel hinausgeschossen wurde, liegt in der Natur der Sache. Und so erwiesen sich später viele der vermeintlichen Errungenschaften wie die antiautoritäre Erziehung als Danaergeschenk mit unschönen Nachwehen und langwierigen Kurskorrekturen. Beim Großreinemachen wurden eben bewußt oder aus Unachtsamkeit auch gleich Teile des erhaltenswerten Gesellschafts- und Wertegebäudes mit zerstört. Übereifer und blinder Idealismus sind halt selten eine Basis für Veränderungen zum dauerhaft Guten. Bis heute hat sich Deutschland nicht von den – obwohl sie langsam endgültig aussterben – alten Nazis und den Folgen der Studentenrevolte erholt. Gleiches gilt selbstredend für die ostdeutschen Bundesländer hinsichtlich ihrer Kommunistennazis; aber wie soll in 25 Jahren dort etwas passieren, das in über 60 Jahren der BRD auch noch nicht in Gänze gelungen ist!? Es fehlt demnach der neuen Bundesrepublik insgesamt ein fester Kurs, ein gesellschaftlicher Grundkonsens, der als solides Fundament für notwendige und sinnvolle Anpassungen an die veränderten Verhältnisse der Gegenwart unabdingbare Voraussetzung ist.

Wenn wir uns also fragen, warum im Nachkriegs-Deutschland so viele Dinge falsch gelaufen sind, erscheint es nicht abwegig, auf das Eingangsstatement zu rekurrieren. Es wurde geprägt von Menschen, die von ihren enttäuschten, müden aber immer noch autoritären Eltern wenig Liebe erfahren und in ihrer körperlichen Liebe in einer sehr prägenden Lebensphase das Unstete zum Programm erhoben haben. Emotionale Krüppel in gewisser Weise also, die nichtsdestotrotz oder gerade deshalb viel zu sehr auf dem schwankenden Grund der Gefühle und Ideale unterwegs waren, sich der gebotenen Sachlichkeit verwehrt haben und unfähig waren, sich für etwas Längerwährendes zu entscheiden. Was sollte dabei anderes herauskommen!?

Wenn sich der Mensch nicht kritisch betrachtet, optimiert und ändert, ändert sich auch in der Welt nicht viel zum Positiven. Wir sind also der Dreh- und Angelpunkt für unsere Zukunft. Und mit der 68er-Methode sind wir über alles nicht gut gefahren. Es muß etwas Neues her, und die Nazis – jetzt auch noch die in ihrem blutroten Gewand – müssen immer noch weg.

Motto der Zukunft: Wer zweimal mit derselben pennt, beweist schon mal, daß er vor der Liebe und Entscheidungen nicht gleich wegrennt!

Es lohnt sich, zumindest ein weiteres Mal mit dem Partner ins Bett zu gehen. Obendrein kommt es der Welt zugute. In diesem Sinne

gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

 

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wolfsgeheul.eu vom 03.07.2016

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Schreiben ist eine Krankheit!

Wenn man an Mitglieder der schreibenden Zunft denkt, fallen einem viele pathologische Begleiterscheinungen ein. Neben Nikotin- und Alkoholabhängigkeit, Drogensucht, Menschenscheu, Extrovertiertheit, Eigenbrötlerei, Narzißmus, Vielweiberei etc. existiert eine spezielle Krankheit. La crampe ou le blocade de l’écrivain, also die krampfende Angst vor dem weißen Blatt, sprich die Schreibblockade!

Nahezu zeit meines Lebens widme ich mich privat mehr oder weniger und beruflich regelmäßig dem Schreiben. Bisher bin ich glücklicherweise vom Wollen-aber-nicht-Können-Syndrom bezüglich des Schreibens verschont geblieben, und auch die anderen oben aufgeführten Folgen – die im übrigen auch Ursachen oder die Voraussetzung für die Besessenheit bzw. Begabung zu sein vermögen – halten sich bei mir – so glaube ich – in sozialverträglichen Grenzen.

Seit ich aber werktäglich produziere, fällt mir zunehmend ein Phänomen auf, das ebenfalls als Krankheit gelten könnte. Immer schon habe ich überdurchschnittlich viel beobachtet, viel gelesen und über sehr vieles nachgedacht sowie mich geärgert – „Was Du alles siehst!“, Wofür Du Dich interessierst!“, „Worüber Du so nachdenkst!“ und „Was Dich alles aufregt!“ waren die klassischen nachfragenden Feststellungen oder gar Vorwürfe aus meinem Umfeld -, und ich kenne auch die Erscheinung, daß einem gute Ideen beim Duschen, Fahrradfahren, Einschlafen etc. – wenn man letztere aber nicht sofort notiert, sind sie meist am nächsten Morgen weg – für Briefe und Schriftsätze kommen. Neu ist jedoch, daß ich inzwischen ganztägig fast alles, was mir am Tage begegnet, auf die Geeignetheit abklopfe, ein Kolumnenthema zu sein, und in der Folge oder anlaßlos mir Formulierungen, sprachliche Blüten oder ganze Versatzstücke durch den Kopf schießen.

La maladie générale de l’écrivain – so möchte ich sie nennen – besteht daher wohl darin, daß man nur schwerlich abschalten und die Ergebnisse und Erkenntnisse seines Denkens, Fühlens, Guckens, Schmeckens, Handelns, Trachtens etc. von ihrer schriftstellerischen Verwertbarkeit abkoppeln kann. Das führt aber nicht zur ansonstigen leichten Geistesabwesenheit, sondern eher zu erhöhter Aufmerksamkeit, kann also durchaus ermüdend sein. Auf der anderen Seite ist es, wenn es leicht von der Hand geht und keine Belastung darstellt, enorm bereichernd und beglückend. Auch das nochmalige Schärfen der Versiertheit und das erhöhte Tempo, mit dem man sein Werk zu erbringen vermag, sind durchaus befriedigende und einen mit Stolz erfüllende Begleiterscheinungen.

Wer aber die oben beschriebene Autorenkrankheit scheut, möge den Gedanken verwerfen, sich derart zu betätigen. Die anderen, die eine diesbezügliche Begabung verspüren, aber warum auch immer noch auf der Bremse stehen, kann ich nur ermutigen loszulegen. Wenn Gedanken drin sind, sollten, ja müssen sie raus. Diese Krankheit ist eine Befreiung, ein Glück!

Und allen, die jetzt denken, es sei nunmehr quasi gefährlich, mir zu begegnen, weil man jederzeit von mir verwurstet werden könnte, sei versichert, daß abgesehen von prominenten Personen der Öffentlichkeit und allgemein gesprochen von Idioten ich niemanden ungefragt zitieren  oder aber ihn so zur Unkenntlichkeit verklären werde, so daß außer vielleicht dem Betroffenen selbst keiner auf konkrete Identitäten zu schließen vermag. Wenn es aber der gemeinten Person zur Ehre gereicht, was ich von ihm oder über ihn zu berichten habe, nehme ich bei denjenigen, von denen ich sicher weiß, daß es sie sogar erfreut, genannt und erkannt zu werden, mir die Freiheit, sie zu überraschen.

Mag die Welt also noch so sehr auf der Stelle treten oder gar Rückschritte vollziehen, sie ist weiterhin bunt und regt mich genauso auf wie an. Der Spaß geht weiter. Oder: Lasset die Spiele weitergehen!

Ach ja, jetzt eröffnen auch noch in Rio die Weltspiele der Korruption und Manipulation, bei der redliche Sportler sich leider zumeist mit dem Grundgedanken des reinen Dabeiseins begnügen müssen, weil sie kaum gewinnen können. Ein weiterer Themenquell!

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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