wolfsgeheul.eu vom 02.12.2015

0
0

Der Allgemeinzustand Deutschlands ist äußerst ambivalent, wie sich an zwei Beispielen zeigt.

Zuvörderst das Negative!

Die politische Mitte läßt sich ärgerlicherweise immer wieder von „demokratischen“ Linken regelrecht vorführen. Da stellt eine geschickte Dortmunder Abgeordnete der Partei „Die Linke“ eine Kleine Anfrage an die Bundesregierung, inwieweit hinter den sogenannten GIDA-Demonstrationen Rechtsextreme stecken, und das Bundesinnenministerium teilt in seiner Antwort pflichtschuldig und sicherlich wahrheitsgetreu mit, daß dem tatsächlich so ist, was für keinen aufmerksamen Bürger wirklich überraschend sein kann. So funktioniert Agitprop! Man produziert neue Schlagzeilen, die den Fokus einzig auf unser rechtsextremes Problem lenken und gleichzeitig vom Linksextremismus ablenken. Wie schon in meiner Kolumne vom 28.08.2015 angesprochen, hinterfragt dagegen offenbar keiner die Organisationsstrukturen der Gegendemonstrationen, die nachweislich häufig und mutmaßlich überwiegend in der Hand Linksextremer liegen. Wo bleibt eine Kleine Anfrage eines gemäßigten Parlamentariers zu diesem Thema? Interessant wären auch die Verflechtungen der Partei „Die Linke“ in diese Bewegungen. Käme doch sicherlich dabei heraus, daß die Kommunisten ihre SA-Trupps genauso unterhalten wie die NPD. Wann steht also die Mitte endlich auf und besetzt die drängenden Themen unserer Zeit auch auf der Straße wieder selbst!? Die aktuelle Präsenz und Stärke der Extremen ist hauptsächlich in der Schwäche der Gemäßigten begründet. Wir dürfen uns aber das Heft des Handelns weder von außen – IS etc. – noch von innen aus der Hand nehmen lassen, wollen wir unsere Freiheit weiter leben und unsere Werte – so noch vorhanden – gegen jedwede Anfeindung verteidigen. Der politische Gegner ist wie so oft schlauer. Das muß sich umgehend ändern.

Nun das Positive!

Da erdreistet sich ein Elternpaar aus Pakistan, ihre Tochter umzubringen, weil sie mit 19 Jahren vorehelichen Sex mit ihrem ebenfalls pakistanischstämmigen Freund betreibt. Aus religiösen Gründen! So weit, so schrecklich! Und was tut Deutschland? Unser Rechtsstaat macht den beiden vor dem Landgericht Darmstadt vollkommen unaufgeregt und sachlich den Prozeß und verurteilt sie wegen gemeinschaftlichen Mordes zu lebenslanger Haft, nicht nur ohne dabei die religiösen Motive strafmildernd zu berücksichtigen, sondern indem es umgekehrt genau darin sogar die niederen Beweggründe für die Erfüllung der Mordmerkmale annimmt. So muß es gehen. Hier ahndet das rechtsstaatliche Deutschland in einem korrekten Verfahren Taten wie Ehrenmorde, für die es auf unserem Territorium eben keine Entschuldigung gibt. Solche Urteile bilden damit zwar unsere Justizrealität ab, aber sie senden starke Signale in die Welt derer, die zwar bei uns leben aber glauben, sie könnten ihre eigenen Werte und religiösen Überzeugungen praktizieren und dabei ungestraft davonkommen. Wer also zu uns kommen möchte, muß sich teilweise von seinen hergebrachten Moralvorstellungen lösen, sonst kann er nicht bleiben und muß wieder dorthin gehen, wo seine bei uns inkompatiblen Regeln noch gelten. Exakt diese Wehrhaftigkeit unseres freiheitlichen Systems meinte ich in meiner Kolumne vom 16.11.2015 mit meiner Forderung, alles daran zu setzen, die Drahtzieher der terroristischen Attentate lebend zu ergreifen und bei uns vor den Kadi zu bringen. So sieht ein kultivierter Umgang mit Unrecht aus, und steter Tropfen höhlt den Stein. In einer zunehmend freier und informierter werdenden Welt entwickeln immer mehr Menschen den Wunsch, Rechtssicherheit zu genießen. Wir schrecken also nicht nur die ab, die das nicht wollen, sondern locken die an, die genau das reizt. Außerdem unterstützen wir so indirekt auch demokratische Bewegungen in den Diktaturen dieser Welt, allein weil wir ein gutes Vorbild abgeben. Auch und gerade im Zusammenhang mit dem aktuellen Einwanderungsproblem demnach à la longue eine Win-Win-Situation. Weiter so Deutschland! Es sind nicht immer die massiven und agressiven Maßnahmen, die greifen, sondern viel häufiger die für uns normalen Abläufe, die eine subversive Kraft entwickeln und die Welt in unserem unmissionarischen und rein humanen Sinne beeinflussen.

Bereinigen wir das Negative und verfolgen und forcieren das Positive. Kein Tornado dieser Erde kann auf Dauer eine solche Wirkung entfalten.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

 

 

 

0
0

wolfsgeheul.eu vom 21.04.2015

0
0

Nach der kleinen Verschnaufpause gestern verspüre ich heute den Drang, mich auf ultimativ schwieriges und vermintes Gelände zu begeben. Es wird leider wieder etwas länger. Anlaß ist der Prozeß gegen den sogenannten „Buchhalter von Auschwitz“, den 93-jährigen Oskar G., vor dem Landgericht Lüneburg, dem laut Anklage Beihilfe zum Mord in mindestens 300.000 Fällen vorgeworfen wird.

Zunächst gilt es, bei aller Brisanz des Falles mein Unverständnis darüber zu äußern, daß die Presse den Angeklagten bei vollem Namen nennt, obwohl grob gesagt der Bundesgerichtshof in diesem Thema den Schutz des Persönlichkeitsrechtes einzig bei weithin bekannten Personen des öffentlichen Lebens hinter das Informationsinteresse der Öffentlichkeit zurücktreten läßt. Wer aber hat bisher den Angeklagten gekannt!? Was rechtfertigt also hier eine abweichende Handhabung?

Sodann möchte ich mich der Frage widmen, ob das Tun des Angeklagten vor über 70 Jahren im Vernichtungslager Auschwitz tatsächlich strafrechtlich relevant sein kann und sein sollte.

Voranstellen möchte ich, daß der Holocaust von allen drei großen Völkermorden des 20. Jahrhunderts, wie sie der Papst neulich richtigerweise benannt hat, der perfideste war; diese fabrikmäßige Tötungsmaschinerie ist unzweifelhaft beispiellos und stellt – hoffentlich für alle Zeiten – den traurigen Höhepunkt in der Geschichte menschlicher Greueltaten dar; damit müssen wir Deutschen leben. Machthaber und deren Führungsriege, die so etwas anordnen und durchführen lassen, sind vollverantwortlich und gehören der höchstmöglichen Bestrafung zugeführt. Dafür gab es in der Hauptsache richtigerweise die Nürnberger Prozesse, die man zumindest vom Grundsatz her nicht kritisieren kann, weshalb hier auf das Eingehen zu Einzelheiten verzichtet werden soll. Die eigentlich interessante Frage stellt die nach der strafrechtsrelevanten Schuld der Ausführenden dar, also denen, die der aktuell Angeklagte Oskar G. bezogen auf sich bereits Mitte der achtziger Jahre als „Rädchen im Getriebe“ – ob der Diminutiv hier verharmlosend klingt und sein soll, lasse ich dahingestellt – bezeichnet hat.

Offenbar unstreitig hat Oskar G. sich selbst weder an den sogenannten „Selektionen“, noch an Tötungshandlungen direkt und aktiv beteiligt; er soll sogar Vorgesetzte eingeschaltet und um seine Versetzung an die Front(!) gebeten haben, nachdem er Augenzeuge von grausamen Morden außerhalb des Auschwitzgeländes geworden war. Das erklärt, warum ihm bisher trotz Ermittlungen auch nicht der Prozeß gemacht wurde, weil die Rechtsprechung nach dem Krieg grob gesagt eine eigene Tätigkeit des Beschuldigten forderte, die ohne jeden Zweifel mit Ermordungen praktisch unmittelbar in Verbindung stand. Hiervon ist erst im Jahre 2011 vom Landgericht München im Demjanjuk-Verfahren abgewichen worden, das eine Verurteilung vornahm, ohne daß dem Angeklagten eine konkrete Tat zugeschrieben werden konnte; wichtig zu erwähnen ist hier aber die Tatsache, daß dieses Urteil niemals Rechtskraft erlangt hat, da beide Seiten, also Anklage und Verteidigung Revision gegen das Urteil eingelegt haben und Demjanjuk darüber verstarb. Auch hier soll, weil es zu weit führen würde, auf die näheren Einzelheiten des Prozesses – nur eines, der Angeklagte hatte nach dortiger Verurteilung schon eine siebenjährige Haftstrafe in Israel verbüßt – nicht eingegangen werden. Gerade das Münchener Urteil aber nimmt die Staatsanwaltschaft im Lüneburger Prozeß her, um eine Strafbarkeit im Sinne der Anklage zu behaupten. Das verwundert im übrigen umso mehr, als meines Wissens dieser strenge und weitauslegende Maßstab – meiner Ansicht nach richtigerweise – ebenfalls nicht auf die Beteiligten an den Mauertoten in der bundesrepublikanischen Rechtsprechung nach der Wende angewandt worden ist, also nur Schützen und Befehlsgeber verurteilt wurden. Es wird demnach spannend sein, den weiteren Prozeßverlauf zu beobachten.

Meiner Ansicht nach ist das Landgericht München damals zu weit gegangen. Erstens ist nach Nazideutschland glücklicherweise gerade nicht gemäß dem Motto verfahren worden, daß man die Kleinen gehängt und die Großen laufen gelassen hat. Zweitens stellt sich doch die Frage, wie weit man strafrechtlich – hier geht es ausdrücklich nicht um die moralische Seite, die man sicher anders und kontrovers diskutieren kann – für eine Verurteilung ausreichend Schuld auf die Beteiligten herunterbrechen kann. Mit der Argumentation der Münchener Richter könnte man wohl jedenfalls jede Putzfrau, die in einer Konzentrationslagerverwaltung ihren Dienst getan hat, letztlich aber vielleicht sogar jede Mutter, die ihre Kinder ernährt und großgezogen hat, so daß sie später unter anderem für Arbeiten in Vernichtungslagern zur Verfügung standen, verurteilen. Alles nur eine Frage der Kausalität! Damit hätte man den Hebel, um fast ein ganzes Volk, das unter einer Diktatur lebte und handelte, ja handeln mußte, ins Gefängnis zu stecken. Da kann etwas nicht stimmen.

Um das Verfahren gegen Oskar G. überraschend und fragwürdig zu finden, braucht man sich also gar nicht mit der Frage zu befassen, ob man einem Soldaten, der mit großer Sicherheit jede Verweigerung welcher Handlung und Tat auch immer mit dem eigenen Tod bezahlt hätte, überhaupt sein Tun vorwerfen kann. Wohlgemerkt meine ich in dieser Frage mit „Soldat“ nicht den, der „hier“ schreit und die „Gunst der Stunde“ nutzend mit der Ausführung staatlich „erlaubter“ Taten quasi legal seine eigenen niederen Motive und Lüste befriedigt, sondern den Menschen wie du und ich – ausdrücklich denke ich dabei auch an meinen 93-jährigen Vater, der ebenfalls den Krieg hautnah miterleben mußte, aber letztlich das, falls man überhaupt in diesem Zusammenhang davon sprechen kann, Glück hatte, nicht an der Ostfront, in der Normandie oder gar in einem Konzentrationslager dienen zu müssen -, der das Pech hat, in eine solche Zeit hineingeboren und in ihre Ereignisse hineingezogen zu werden und ohne Ansehen seiner damaligen Überzeugungen zum freudlosen Mittun verdammt wird, also mutmaßlich die Mehrheit. Das sollte man seinem schlimmsten Feind nicht wünschen, und meines Erachtens kann keiner, der nicht etwas Vergleichbares je hat erleben müssen, sich in eine solche Situation hineinversetzen. Wer einmal den durchaus empfehlenswerten Selbstversuch mit der furchtbaren Lektüre von Jonathan Littells Roman „Die Wohlgesinnten“ durchgeführt hat, wird wahrscheinlich wie ich wissen, daß selbst danach viele Fragen unbeantwortet bleiben und die Erkenntnis, daß das Böse in uns allen steckt, keine neue war.

Vielleicht – dies gebe ich, ohne jemanden schützen oder der Entscheidung vorgreifen zu wollen, dem Lüneburger Spruchkörper lediglich zu bedenken – sollte man das letzte Urteil vielfach Gottes Gericht allein  überlassen und sich nicht als Erdenbürger aufschwingen diesem vorzugreifen. Schließlich gilt es, allein zu berücksichtigen, daß Oskar G., den ich nicht kenne und vom dem ich auch ansonsten nichts gesichert weiß, bei Kriegsende maximal erst 25 Jahre alt war. Vielleicht war er in seinem langen Leben ein guter Mensch. Ich jedenfalls möchte mit ihm, seinen grausamen Erlebnissen, seinen mutmaßlich vorhanden gewesenen Skrupeln und sicherlich lebenslang quälenden Erinnerungen – man könnte eventuell sogar die Ansicht vertreten, daß er damit schon genug gestraft ist – was die Kriegsjahre und die Zeit danach anlangen nicht tauschen.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

0
0