wolfsgeheul.eu vom 13.12.2015

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Es scheint trotz zunehmender Weis- und Gelassenheit mit dem Alter einherzugehen, daß man sich über Kleinigkeiten aufregt, wobei es insbesondere Dinge aus dem Bereich des schlechten Benehmens sind, die Unmut hervorrufen. Erinnerlich ist mir ein hochgeschätzter Onkel, der sich über die vor Jahrzehnten aufkommenden übergroßen Regenschirme echauffierte, die fast den gesamten Gehweg einnehmen und deren Träger zudem wenig Bereitschaft zeigen, durch Neigen dem entgegenkommenden Normalschirmträger das touchierungslose Passieren zu ermöglichen. Ähnlich verhalten sich aktuell häufig SUV-Fahrer(s. Kolumne vom 16.03.2015), die die normalproportionierten Gefährte gar nicht mehr wahrnehmen bzw. zu glauben scheinen, ihren in jeder Hinsicht unsinnigen Panzern gehöre die Welt.

Heute hatte ich ein anderes Erlebnis dieser Art. Entgegen meiner sonstigen Gewohnheit, Innenstädte zur Weihnachtszeit zu meiden, bin ich am verkaufsoffenen Sonntag in die Stadt gelaufen, weil ich etwas besorgen mußte. Das Notwendige war schnell erledigt, auch weil ich die überlaufenen Bereiche der Innenstadt weitestgehend umgehen konnte. Wenn ich aber schon einmal dort bin, muß ich wenigstens in meiner Lieblingskirche St. Folian verbeischauen, um kurz Einkehr zu halten und – er hatte mir gerade wieder geholfen – dem Heiligen Antonius von Padua ein paar Kerzchen zu widmen. Der Kircheneingang mit seiner kleinen Vorhalle grenzt an den Münsterplatz, der einen Teil des Weihnachtsmarktgeschehens beherbergt. Auf dem regengeschützten Podest stand eine kleine Gruppe um eine Frau meines Alters mit je einer Box chinesischen Take-Away-Foods essend und redend im Portal und versperrte den Zutritt. Meine Bitte um Durchlaß würzte ich mit der Frage, ob St. Folian inzwischen einen Stehimbiß eröffnet habe. Außer einem dümmlich Lachen und einem leichten Zurseitetreten erntete ich keinerlei Reaktion, und als ich nach zehn Minuten die Kirche wieder verließ, war das offenbar uneinsichtige Grüppchen an selber Stelle zugegen. Was fährt in Menschen, sich zum Essen in den Schutz eines Kirchenfoyers zurückzuziehen!? Wahrscheinlich sind das auch die, die heute keinen Meter ohne eine Getränkeflasche(s. Kolumne vom 17.05.2015) zurücklegen können und diese wie selbstverständlich in Kirchen, Museen, Theater mitnehmen müssen. Das Heilige von Räumen – und damit meine ich nicht nur Kirchenräume – wird nicht mehr geachtet. Schade!

Dann noch etwas Positives! Pegida hatte in Aachen ihre erste Kundgebung. Clevere Gegner – liebe Sachsen, bitte nachmachen! – aber haben im Vorfeld alle zentralen Plätze belegt, indem sie dort als Erste eine Veranstaltung angemeldet hatten, so daß die Pegidisten letztlich vor den Toren der Stadt sich treffen mußten. Zur Hauptkundgebung, die unter anderen vom CDU-Oberbürgermeister und der schwarz-grünen Stadtratsmehrheit unterstützt wurde, kamen trotz Dauerregens angeblich – mir erschienen es weniger – rund 2000 Menschen. Alles gut also? Na, ja! Fahnen habe ich nur vom DGB und den Grünen gesehen. Wo waren die von CDU, SPD, FDP? Und nach meinem Eindruck setzte sich das Publikum mehrheitlich aus kundigen, ohnehin engagierten Menschen höherer Bildungsschichten zusammen. Man kannte sich! Wo war dann aber die „normale“ Bevölkerung? Die lief ebenfalls dem fiesen Regen trotzend achtlos drumherum, einzig am Konsum interessiert. Was weiterhin fehlt, ist der erkennbare  Schulterschluß der großen Mitte der Gesellschaft. Was muß geschehen, um diese saturierte Bagage wachzurütteln, bevor es zu spät ist. Frankreich scheint heute auf die Erfolge von Le Pen mit einer wesentlich erhöhten Wahlbeteiligung zu reagieren. Platzt der Knoten also erst, wenn die AfD weiter zulegt? Wichtig wäre, es geschähe, bevor das Kind in den Brunnen fällt.

Die Pegida, obwohl sogar der Kriminelle Bachmann angekündigt war, soll übrigens nur ein kleines Häufchen Anhänger mobilisiert haben. Unter dem Strich ist damit das Hauptziel erreicht und obendrein hoffentlich offenkundig geworden, daß sich in unserer Region, die Zahl der Unterstützer in überschaubaren Grenzen hält, was nicht heißen soll, daß man sie aus den Augen verlieren sollte. Trotzdem brauchen wir in Zukunft mehr Bekennermut. Ich will, bildlich und pars pro toto gesprochen, mehr Burberry-Mäntel sehen, die sich unter die „Jack Wolfskin-Einheitslook-Linksalternativen“ mischen und ein harmonisches, repräsentatives Gesamtbild formen. Es braucht mehr Überzeugung und mehr Bereitschaft, diese auch zu zeigen und zu verteidigen.

Glück auf und Gottes Segen!

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

P.S.: In St. Folian sollen demnächst kleine Klapptische an den Kirchenbänken angebracht werden, damit man auch während des Gottesdienstes seine mitgebrachten Speisen und Getränke sicher plazieren und verzehren kann.

 

 

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wolfsgeheul.eu vom 16.10.2015

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Deutschland hat kein liberales und freiheitliches Gewissen mehr!

Deshalb möchte ich angesichts der vielen unspektakulären, nichtssagenden und überflüssigen Gedenktage den 16. Oktober zum „Tag der Wehmut“ erklären. Das wäre ein Stolperstein, der es verdiente, jährlich gerammt zu werden, um immer wieder neu zur Besinnung zu kommen.

Heute nämlich hat der Deutsche Bundestag im Windschatten der veränderten Asylgesetzgebung, also fast unbemerkt und quasi im Handstreich, mit Mehrheit ein neues Vorratsdatenspeicherungsgesetz verabschiedet, von dessen Passieren des Bundesrates mit ziemlicher Sicherheit ausgegangen werden muß, bis es hoffentlich von den Gerichten wieder kassiert werden wird. Bis dahin wird es Geltung entfalten. Ein erneuter Schlag gegen unsere freiheitlichen Grundwerte, zu dem fröhlich die ehemalige Volkspartei SPD und die Noch-Volkspartei CDU ausholen, ohne Not, ohne Grund und ohne gute Argumente für die Notwendig-, geschweige denn Wirksamkeit!.

Das wäre mit einer funktionierenden FDP alter Prägung und Güte mit großer Sicherheit nicht gelungen.

Nur, wo ist die alte, intellektuelle, gute, sinn- und wirkungsvolle FDP!? Weg! Die Hoffnung, daß sie zurückkommt, stirbt zwar zuletzt, aber berechtigt ist sie leider wenig.

Und was macht einer der letzten Intellektuellen der FDP, der noch nicht aus der Schnabeltasse trinkt? Der geschätzte Dr. Guido Westerwelle ist krank und heilt hoffentlich ein fieses Krebsleiden aus. Dafür persönlich alles erdenklich Gute! Aber – er scheint glücklicherweise auf dem Wege der Besserung – statt ein Buch zu „Wie ich die FDP durch ungesundes Wachstum – einem Krebs gleich – zerstört habe“, Untertitel „-ohne es zu wollen-„, zu schreiben, erscheint ein Buch über seine Erkrankung. Bei allem Respekt vor dem persönlichen Leid: Das ist vollkommen uninteressant, ist es doch ein Schicksal, das bedauerlicherweise täglich tausende Namenlose ebenfalls ereilt. Aber ein Plädoyer für eine FDP alter Schule kann doch nur jemand schreiben, der noch in ihr groß geworden ist und sie durchaus auch heute noch zu vertreten vermag. Da wurde ein Haufen Energie verschwendet für eine allgemein wenig außergewöhnliche Sache. Dieselbe Energie hätte aber vermutlich gereicht, um eine Schrift zu verfassen, die den Menschen klar macht, wo wir enden, wenn die Liberalität und der Drang nach Freiheit auf dem Mehrheitsaltar des Pragmatismus und der deutschen Spießigkeit geopfert werden.

Lieber Guido Westerwelle, werden sie wieder ganz gesund und schreiben sie mit ihrer immer noch vorhandenen Popularität ein solches Buch. Vielleicht läßt sich noch etwas retten!?

Und den „Tag der Wehmut“ können wir sofort wieder abschaffen, wenn die Vorratsdatenspeicherung gekippt sein und eine kleine, feine und trotzdem wirkmächtige und wichtige freie demokratische Partei Auferstehung gefeiert haben wird. Obwohl, was ist mit den vielen anderen Werten, die inzwischen den Bach hinuntergegangen sind? Nein, der Feiertag bliebe so oder so sinnvoll!

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

 

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