wolfsgeheul.eu vom 23.10.2016

1
0

„Recht für alle!“

Was soll diese blödsinnige Forderung? Das gewährleistet unser Land doch in durchaus vorbildlicher Weise.

Gemeint ist aber: „Rechtskunde für alle!“.

Wie zuletzt im Zusammenhange mit von Schirachs fragwürdigem Gassenhauer(s. Kolumne vom 18.10.2016) fällt immer wieder auf, welch‘ großteils eklatante Rechtsunkenntnis in der breiten Bevölkerung vollkommen unabhängig vom jeweiligen Bildungsniveau vorherrscht. Ist doch großartig, könnte man als Rechtskundiger ausrufen, dann brauchen sie uns doch und sichern unser Einkommen! Die meisten können auch kein Auto reparieren, und kein KFZ-Schlosser käme auf die idiotische Idee, daran etwas zu ändern.

Die Beurteilung unseres Rechts und insbesondere das Empfinden über die gepflegte Gerechtigkeit – um die es übrigens relativ selten tatsächlich geht – aber bestimmen in ganz wesentlichem Maße die Zufriedenheit mit dem und die Wertschätzung für das System. Deshalb greifen hier Fehleinschätzungen viel tiefer.

Beispiele! In der FAZ vom Samstag schreibt Dr. Daniel Deckers gewohnt kundig in seinem Fachgebiet über die Machtkämpfe innerhalb der Katholischen Kirche in Deutschland. Anstatt sich aber im Rahmen seiner Kompetenz zu bewegen, versteigt er sich an einer Stelle zu folgendem: „Unter dem Eindruck der widerrechtlichen und bis heute nicht sanktionierten finanziellen Machenschaften des ……….Tebartz-van Elst ………“. Warum tut er das!? Schon vor über einem Jahr(s. Kolumne vom 22.07.2015) sind die staatsanwaltlichen Ermittlungen richtigerweise eingestellt worden. Zeit genug auch für Herrn Deckers, sich schlau machen zu lassen und nicht mehr einen solchen Blödsinn zu schreiben, den die anderen Unkundigen doch sofort glauben, übernehmen und wie ein Vertrauenskrebsgeschwür in die Zukunft tragen! Oder: Neulich hatte ich ein tolles aber letztlich fruchtloses Gespräch über die angeblich zu niedrige Strafe für den illegalen Autorennfahrer in Köln, der eine Radfahrerin tötete, obwohl ich mir äußerste Mühe gegeben habe, die Grundzüge unseres Strafrechtes zu erläutern.

Deshalb brauchen wir auf allen Ebenen mehr Grundverständnis im Recht! Hier ein spontaner kleiner Anfängerkurs:

  • Der Staatsrechtler Georg Jellinek hat das Recht als ethisches Minimum bezeichnet. Niemand ist jedoch gehindert, sich besser als gefordert zu verhalten. So ist Ehebruch nicht verboten, aber wohl immer noch mehrheitlich geächtet.
  • Es gibt keine Gleichheit im Unrecht.
  • Im Strafrecht wird nicht geklagt, sondern angeklagt und zwar durch den Staatsanwalt.
  • Wegen eines strafrechtlichen Verdachtes bzw. Vorwurfes kann durch jeden Anzeige bei der Staatsanwaltschaft oder der Polizei, den Hilfsbeamten der Staatsanwaltschaft, erstattet werden.
  • Der Weg vor den Strafrichter geht über den Verdächtigen, der mit Aufnahme von Ermittlungen gegen ihn zum Beschuldigten, mit Erhebung der Anklage zum Angeschuldigten und mit Zulassung der Anklage zum Angeklagten wird.
  • Der Ehepartner ist grundsätzlich vollwertiger Zeuge, unterliegt aber wie jeder andere und wegen der aus der Nähe sich ergeben könnenden Parteilichkeit möglicherweise in besonderem Maße der Überprüfung seiner Glaubwürdigkeit, wenn er überhaupt aussagt, denn er hat gegebenenfalls ein Verweigerungsrecht, und seine Aussage an sich glaubhaft ist.
  • Die Parteien im Zivilprozeß werden als Kläger und Beklagter bezeichnet.
  • Zivilprozesse werden gewonnen, wenn der geltend gemachte Anspruch bewiesen werden kann. Urteile in Zivilverfahren richten sich nicht nach einer angeblich oder tatsächlich existierenden übergeordneten Wahrheit, sondern nach dem, was vorgetragen und bewiesen worden ist.
  • Ein Vertrag kommt durch ein entsprechendes Angebot und die Annahme desselben zustande.
  • Die falsch ausgezeichnete Ware muß der Händler nicht zu diesem Preis verkaufen; seine Anpreisung stellt lediglich eine Einladung zur Abgabe eines Angebotes durch den Kaufinteressenten dar, so daß der Vertrag erst zustande kommt, wenn der Händler wiederum dieses Angebot annimmt.
  • Es gibt kein allgemein festgeschriebenes Recht auf Umtausch einwandfreier Waren und Produkte.

Und so weiter und so weiter! Das und einiges mehr sollten und müssen alle wissen. Denn auf diesen Grundlagen erst ist jeder dann auch in der Lage, die Meinung von Fachleuten überhaupt im Ansatz zu verstehen und sich kundiger zu machen bzw. machen zu lassen. Wenn es schon am Grundsätzlichen mangelt kommt es gar nicht erst so weit und es wächst allein die Unzufriedenheit.

Trotzdem gilt wie in vielen anderen Bereichen, daß es nicht nur eine richtige Auffassung zu einer Angelegenheit geben (kann und) muß. „Drei Juristen, fünf Meinungen!“! Darüber kann man aber nur lachen, wenn man Basiswissen mitbringt. Sonst macht es wütend.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

 

1
0

wolfsgeheul.eu vom 22.07.2015

0
0

Da war es doch lange ruhig geworden um den Ex-Bischof Tebartz-van Elst, den schlauen westfälischen Bauernsproß mit Hang zur Großmannssucht. Nun sind die Medien wieder voll mit Nachrichten – FAZ seriös „Vatikan ist jetzt bei Tebartz-van Elst am Zug“ oder BILD reißerisch „Papst entscheidet über Protzbischof“ – über ihn, weil offenbar die vatikanische Revision nach eingehender Prüfung die Zahlen auf den Tisch gelegt hat und nun belegbar ist, wo der nunmehrige päpstliche Legat nur sein eigenes Luxusmütchen gekühlt hat. Von der eventuell erwogenen Geltendmachung von Schadenersatz – wo soll der liegen, wenn wir nicht vom immateriellen Schaden reden, den er leider zweifellos angerichtet hat? – beim damalig verantwortlichen Bauherren ist die Rede. Soweit zur dünnen Faktenlage, die eigentlich noch gar keine Meldung wieder wert ist. Aber wir haben fortdauernd Sommerloch und auch sonst liebt die Presse bekanntermaßen den Skandal und schillernde Persönlichkeiten, weil ihre Erwähnung allein schon Aufmerksamkeit erregt, auch wenn es nichts Substantielles zu erzählen gibt.

Für mich aber Anlaß, der Sache ein paar Gedanken zu widmen. Was ist da eigentlich vorgefallen und wie das jeweils einzuorden?

Zunächst gilt es festzustellen, daß das staatsanwaltliche Ermittlungsverfahren wegen Verdachtes der Untreue – zu Recht, wie ich finde – eingestellt worden ist. Die Angelegenheit geht also nur noch die Katholische Kirche als Institution und ihre Rechenschaft verlangen könnenden, kirchensteuerzahlenden Mitglieder etwas an. Sodann kann man wohl sicher sagen, daß Tebartz-van Elst nirgendwo in die eigene Tasche gewirtschaftet hat. Das Ergebnis seiner Baumaßnahme „Diözesanes Zentrum Sankt Nikolaus“ steht unverrückbar für die Ewigkeit, von weitem und für alle sichtbar auf dem „Limburger Felsen“ über der Lahn. Die Idee wurde vor seiner Amtszeit geboren, gab es bis dahin zum Beispiel keine offizielle Bischofswohnung. Es galt, vis à vis des Domes eine solche zu erstellen und gleichzeitig bischöflichen Büroraum, weitere Gästefazilitäten, Konferenzräume, eine Kapelle, Raum für die Bewirtschafterinnen etc. unter sanierender Einbeziehung zweier historischer Gebäude zu schaffen. Unbestreitbar ist es zu einer erheblichen Baukostenüberschreitung gekommen, ein Vorgang der sich überall auf der Welt jeden Tag ereignet. Und in solch‘ drastischen Fällen wie Schönefeld, Elbphilharmonie und aktuell Kölner Oper trifft es ärgerlicherweise jeden braven Steuerzahler. Zusätzlich hat „Fürst van Elst“ in seiner Wohnung sich in einer Weise ausgetobt, die selbst einem höhergestellten Gottesdiener grundsätzlich nicht gut zu Gesicht steht, erst recht nicht, wenn man nun einen so herrlich bescheidenen Papst hat. Auch das aber ist Alltag und findet sich in Politik und freier Wirtschaft allenthalben. Es hat seinen Preis, wenn man charakterschwache Emporkömmlinge in Führungspositionen hievt bzw. gelangen und sie mehr oder minder unkontrolliert gewähren läßt. Fehler werden jedoch überall gemacht.

Während aber bei anderen Beispielen Unsummen, ohne einen Gegenwert zu erhalten, verpulvert und versenkt werden, liegt der Fall vorliegend anders. Das entstandene Ensemble ist hochklassige, grandiose Architektur insbesondere mit einer einzigartigen Kapelle, jeden Cent wert und beschenkt Stadt und Betrachter mit bleibendem Wert. Die Stadt Limburg dürfte sich obendrein über ein ordentliches Plus an Besuchern, die nur deswegen kommen, ebenfalls hocherfreut zeigen. Und während ursprünglich die Öffentlichkeit ausgeschlossen bleiben sollte und auf rein äußere Inaugenscheinnahme beschränkt gewesen wäre, hat der Skandal ein Gutes, nämlich die Öffnung für Besucher und in Arbeit befindliche Pläne für die dauerhafte Zugänglichmachung und Einbeziehung in das kirchliche Leben auch für die normalen Gläubigen.

Was ist also wirklich Schlimmes passiert? Tebartz-van Elst hat sich ein Denkmal gesetzt, für das er nicht gefeiert, sondern gehenkt worden ist. Aber ohne ihn gäbe es das neue Kleinod nicht, und so konzediere ich neidlos, daß er bei aller berechtigten sachlichen und persönlichen Kritik an seinem Wirken und seiner Person höchstes Maß an Geschmack und Stil bewiesen hat. Gebäude überdauern und stehen noch, wenn damit verknüpfte Menschen schon lange in Vergessenheit geraten sein werden. Und wer, wenn nicht der kirchliche Bauherr, hat die – pardon – verdammte Pflicht und originäre Aufgabe, der Menschheit nichts Profanes, sondern etwas Schönes und Erhabenes zu schenken. Das ist perfekt gelungen. Danke Vatikan, daß dir Tebartz-van Elst so in die Tasche greifen durfte und konnte.  Behandelt ihn bei Wasser und Brot anständig und schrubbt ihm mal den Rücken, wenn er in der Zinkbadewanne von seiner Limburger Edelbadehalle träumt. Das Ergebnis zählt.

Und wer Zweifel hat, dem empfehle ich das Video auf der Seite des Bistums Limburg( https://www.bistumlimburg.de/bischofshaus.html ). Schon beim Betrachten schwingt das architekturbegeisterte und sakrale Herz im Takt der leisen Engelschöre. Es ist zum Niederknien, auch für Ungläubige. Selbst Gott wird die wundervolle Kapelle lieben, und vielleicht zieht er ab und an sogar heimlich in die Bischofswohnung ein, wenn er in Ruhe nachdenken und gediegen baden will!?

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

 

0
0