wolfsgeheul.eu vom 19.02.2016

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Zur Neukonstitution mancher Kommunalparlamente in Deutschland dürfen bereits heute Sechzehnjährige wirksam ihre Stimme abgeben, und nicht wenige fordern, das Wahlalter generell herabzusetzen. Dazu kann man stehen wie man will.

Dies vorangestellt möchte ich einen Vorfall aus dem Erzgebirge aufgreifen. In einem tschechischen Hotel am Keilberg ereignete sich neulich am Abend ein Chlorgasunfall, der zwei deutsche Familien, die dort mit ihren minderjährigen Kindern Skiurlaub verbrachten, wegen der vorübergehenden Unbewohnbarkeit des Hauses obdachlos machte. Auf Vermittlung ihres Hoteliers sollten sie aber im nahen Oberwiesenthal zur Überbrückung unterkommen. Das dort avisierte Haus lehnte trotz freier Zimmer die Beherbergung jedoch mit dem Hinweis ab, sie seien ein „+16-Hotel“. Dabei konnte noch nicht einmal die Notsituation eine abweichende Entscheidung herbeiführen. Nach einer kleinen Odyssee sind die Gestrandeten dann doch noch irgendwo herzlich aufgenommen worden.

Ohne dieses Ereignis hätte ich nicht gewußt, daß es solche Gasthäuser überhaupt gibt. Offensichtlich liegen aber Hotels mit ähnlicher Ausrichtung – es existieren sogar welche, die das Mindestalter auf achtzehn Jahre festsetzen – im Trend. Man will es kaum glauben, aber Beherbergungskonzepte, die Wahlmündige nicht als Gäste akzeptieren, haben offensichtlich eine Marktchance. Was ist das für eine Gesellschaft!?

Solche Abstrusitäten machen aber sichtbar, in welch‘ entscheidender Art sich die Grundstimmung in unserem Land verändert hat. Schon friedliche Flüchtlingsfamilien in der Nachbarschaft führen zu starken diffusen Ängsten und Minderjährige möchte man wenn möglich nicht in der Nähe haben. Daß wegen mangelnder Erziehung und Disziplinierung durch ihre schwachen Eltern manche Kinder heute schwerer erträglich sind, will ich nicht bestreiten, aber schon immer waren öffentliche Auftritte Lernphasen für die, deren Sozialverträglichkeit Defizite aufwies. Alle tragen letztlich eine erzieherische Verantwortung, und dazu gehört eben auch dann, wenn die Toleranzgrenze für überschritten angesehen wird, sich zu erklären und ein konsensuales Zusammenleben zu erreichen. Das macht Mühe und führt nicht immer zu einem Ergebnis, das alle vollends zufriedenstellt; insgesamt ist es jedoch unabdingbar für ein friedliches Miteinander. Sich diesen Konfrontationen von vornherein über eine Gästeselektion zu entziehen, ist nicht nur langweilig und feige, sondern im höchsten Maße asozial und verantwortungslos.

Letzteres scheint in meinen Augen der Knackpunkt. Viele glauben, daß einzig der Staat oder auf jeden Fall aber immer andere die Verantwortung für irgendetwas tragen, so daß sie sich vollkommen heraushalten können. Das ist der Nährboden für tumbe „Merkel muß weg“- und „Lügenpresse“-Rufe.

Wo sind also die Menschen, die, obwohl kinderlos reisend, Hotels mit Jugendverbot  trotzdem meiden, weil ihnen die Denkart, die dahinter steckt, zuwider ist!? Wenn die verbliebenen Normalempfindenden nicht das Maul aufreißen, wird man sie bald im Gebrüll der brandstiftenden Biedermänner nicht mehr vernehmen können. Ob sich ein gesundes Empfinden dann in absehbarer Zeit überhaupt noch einmal Gehör wird verschaffen können, scheint mehr als fraglich.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

 

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wolfsgeheul.eu vom 11.11.2015

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Helau und Alaaf!

Die Kanervalssession 2015/2016 ist eröffnet! Wer heute um 11:11 Uhr nicht live auf dem Heumarkt oder im WDR-Fernsehen den Countdown in Köln verfolgt hat, dürfte eher kein Rheinländer im Herzen sein oder in einer wichtigen Sitzung gesessen haben, die er nicht geleitet hat und deshalb nicht unterbrechen konnte. Und die Zeit bis zum Aschermittwoch am 10. Februar 2016 ist dieses Mal so kurz, daß ich leider meine Kolumne bis dahin einstellen muß. Mein nichtkarnevalistisches Alter ego hat sich aber erfreulicherweise bereit erklärt, den karnevalistischen Wolf zu vertreten.

Karneval ist eine Zeit, in der nicht nur einfach gefeiert und das Leben gelebt wird, sondern durchaus auch und gerade die Möglichkeit besteht, einmal Klartext zu sprechen und den Mächtigen friedlich aber unverhohlen ans Bein zu pinkeln und sie zu entlarven.

Einen Tag nach dem seligen Tod des Altkanzlers, Helmut Schmidt, wird um so deutlicher, was für ein Vakuum seine politische Generation hinterlassen hat. Wo sind die Menschen dieses Formats hin? Stirbt hier gar eine ganze Klasse aus? Gibt es sie wirklich nicht mehr? Ich glaube das nicht! Sie gehen nur nicht mehr in die Politik, hauptsächlich, weil es dort – und das ist a priori noch keine Gier – nichts zu verdienen gibt bzw. die Bezahlung in keinem Verhältnis zur Arbeit und Verantwortung steht. Das war aber vergleichsweise immer so, nur waren die Unterschiede zur Arbeit im außerpolitischen Bereich damals noch nicht so eklatant, so daß es leichter fiel, Verantwortung zu übernehmen, selbst wenn das mit Einbußen verbunden war. Ein auskömmliches Leben war – wie heute unbestritten immer noch – gesichert und wurde durch das Ansehen und den Reiz der Aufgabe mehr als aufgewogen. Auch das Bohren dicker Bretter im demokratischen Prozeß gestaltete sich einfacher. Charismatischen Führungsfiguren gestattete man und sie gestatteten sich nämlich, die Richtung vorzugeben und zu bestimmen. So konnte etwas vorangebracht werden, wobei das Gemessenwerden am Erfolg schon immer ein erhöhtes Risiko barg, gestürzt oder abgewählt zu werden. Heute dagegen wird alles bis zur Ohnmacht zerredet, dann kaum noch ein Risiko eingegangen, und mangels echter Alternativen bleibt man selbst bei Erfolgslosigkeit im Amt. Eine genauso hilflose und feige, wie verlogene Veranstaltung! Reaktion statt Aktion und affektives Handeln, ohne erkennbare, geschweige denn durchgehaltene Linie, immer kurzfristig auf den nächsten kleinen Erfolg getrimmt. Kein großer Wurf, keine unpopulären Entscheidungen. Und wer es anders, besser machen will und könnte, wird durch dieses paralysierte, auf sich selbst bezogene System abgeschreckt, selbst wenn er bereit wäre und Spaß daran hätte, Verantwortung für sein Land zu übernehmen, eine Eigenschaft, die allerdings auch allgemein mehr und mehr verloren zu gehen scheint, weil man in unserer Gesellschaft leider ebenfalls zurecht kommt, wenn man die anderen, die es aber nicht vermögen, machen läßt und sich lediglich um den eigenen Mikrokosmos bemüht. Und warum sollte man sich ohne Not in ein Umfeld begeben, daß sein Ansehen verspielt hat und es objektiv nicht mehr verdient hat, ein solches zu genießen!? „Spiel nicht mit den Schmuddelkindern“, das färbt sonst ab!

So weit, so nachvollziehbar! Aber diese Verweigerungshaltung, der fehlende Altruismus, die mangelnde Disziplin, das verkrüppelte Pflichtbewußtsein sind es, die unserer Nation massiv schaden, und damit sägt jeder, der nur zuschaut, wie sich Nichtskönner abmühen und blamieren, an dem Ast, auf wir alle inklusive seiner sitzen. So enden wahrscheinlich Hochkulturen.

Ein tagesaktuelles Beispiel! Unser amtierender Bundesinnenminister kann ganz offensichtlich nicht viel und obendrein hat er keine Fortüne. Aber unabhängig von seinen Fähigkeiten! Wer hätte schon Lust, sich als ausgewachsener Minister wie ein Schuljunge fortan zum wöchentlichen Rapport vor die Regierungskoalition zitieren zu lassen, wie dies heute wohl die Spitzen von CDU, CSU und SPD beschlossen haben!?

Helmut Schmidt hätte das nur ein müdes Lächeln abgerungen und die Forderung ignoriert. Aber das genau ist der Unterschied, die Eigenschaft, die wir heute so schmerzlich vermissen.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf(Karnevalsvertretung)

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