wolfsgeheul.eu vom 23.03.2016

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In der Not geht Alkohol auch statt Brot!

Neulich traf ich in einer Galerie auf einen sehr netten Künstler, der sich jahrzehntelang dem schnöden Kunstbetrieb verweigert hat und nun im fortgeschrittenen Alter bekannte, froh und dankbar zu sein, Zugang zu einer Ausstellung gefunden zu haben. Die Hoffnung auf einige einträgliche Verkäufe beflügelte seine Phantasie und er war bester Laune. Als ich die Vernissage verließ, begegneten wir uns noch einmal, und er verabschiedete sich mit der Bemerkung, daß er jetzt noch trinken werde, was gehe, um über Nacht keinen Hunger schieben zu müssen. „Och härrm!“ kam mir in den Sinn, das sagt der Aachener nämlich, wenn er Mitleid oder Anteilnahme ausdrücken will. Aber es ist auch erstaunlich, welchen Preis mancher für seine Freiheit zu zahlen bereit ist. Der brotlose Künstler lebt mitten unter uns, doch letztlich weiß man gar nicht genau einzuschätzen, ob man ihn wirklich bedauern muß oder eher beneiden sollte. Jedenfalls war das einmal ein im wahrsten Sinne des Wortes bodenständiger Maler ganz ohne Allüren.

Von den Niederungen des Kulturbetriebes nun zu den schwindelnden Höhen! In der FAZ vom vergangenen Freitag fand sich eine gar nicht so kleine Anzeige vom Städel Museum für einen Onlinekurs über die Kunst mit der „Kahnfahrt“ von Richter und dem Text „Das ist unscharf. Warum ist das so? Finden Sie es heraus!“ als Aufmacher. Das machte mich neugierig und ich dachte, gut, daß hier einmal der Versuch unternommen wird, dem gemeinen Volk die bildende Kunst nahezubringen. Dummer Gedanke! Das Museum mit dem Rückenwind der Bankenwelt in der Finanzmetropole Frankfurt wirbt teuer in der FAZ. Wie will es da den musisch unbeleckten Teil der Bevölkerung erreichen!?

Gleichwohl habe ich mich im Internet einem kurzen Selbstversuch unterzogen. Eine tolle Plattform, auf höchstem Niveau herausfordernd und lehrreich, zum Zunge schnalzen! In Videosequenzen geführt vom Spitzenschauspieler Sebastian Blomberg kann derjenige, der viel Zeit mitbringt, diese sehr kurzweilig verbringen. Großartig! Aber was soll eine so aufwendige und teure Produktion, die sich eindeutig nur an die wendet, die bereits Blut geleckt bzw. sogar schon umfangreiche Kenntnisse erworben haben und längst zum Stammpublikum der Museen der Welt gehören!? Auf meine Rückfrage erklärte mir eine sehr freundliche und kundige Pressereferentin des edlen Hauses, daß dieses pädagogische Werkzeug mit Hilfe des Museumsvereins und einer Stiftung möglich gemacht wurde. Zu meinem Einwand, der ohnehin Kulturinteressierte sei vielleicht auch bereit, dafür zu bezahlen, erklärte sie, man sei aber stets und gerne bemüht, kostenfreie Tools zu entwickeln und der „Allgemeinheit“ zur Verfügung zu stellen. Schön, aber das sagt sich so leicht, wenn man nicht unternehmerisch denken muß und augenscheinlich über genug öffentliche und private Gelder verfügt! Wenngleich es natürlich wunderbar ist, sich in dieser Art frei den Schönen Künsten widmen zu können, sosehr fragt man sich, woher die zukünftigen Kunden kommen sollen, wenn man sich im Heute auf diese Weise mehr um den Wissenden kümmert und ihn obendrein kostenfrei labt. Gerade ob der beklagenswerten gravierenden Defizite in der öffentlichen Bildungslandschaft(s. auch Kolumne von gestern) sollte doch der Fokus auf der Jugend liegen, damit in den Austellungsräumen nicht einmal gähnende Leere herrscht, wenn die interessierten und vermögenden Graukappen ausgestorben sein werden. Meines Erachtens werden hier falsche Prioritäten gesetzt, und der hochwohlgeborene Kulturbetrieb feiert sich selbst, schmort narzißtisch im eigenen Saft. Bitte einmal drüber nachdenken, aber trotzdem danke, Städel! Und meine Empfehlung: Unbedingt reinschauen unter “ onlinekurs.staedelmuseum.de „!

So eng liegen Freud‘ und Leid‘ zusammen! Wenn man aber auf der Sonnenseite des Lebens steht, sollte man auch und gerade im eigenen Interesse den Blick auf die, die (noch) im Schatten stehen, nicht vergessen. Manche wissen leider aber offenbar gar nicht, wie gut es ihnen geht.

„Und bis zum Sinken überladen entfernt sich dieser letzte Kahn.“!

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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wolfsgeheul.eu vom 30.10.2015

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Manchmal fragt man sich, was Spitzenmanager den ganzen Tag so treiben. Daß da viel Operette und natürlich auch nüchternes Arbeiten sowie hartes Tagen und Verhandeln dabei ist, wissen wir. Ebenso ist bekannt, daß der Tag manchmal mehr als 24 Stunden haben müßte, um das Pensum zu bewältigen. Aber wie steht es um die Behandlung maßgeblicher Entscheidungen, zum Beispiel bei der Werbung?

Heute beglückt uns die Firma Audi – ein Freund frotzelte einmal vor vielen Jahren, als ich mit einem neuen A6 Avant, meinem ersten und letzten Audi, vorfuhr, dies sei die einzige Firma, die ohne Designer auskäme – in der FAZ auf Seite 5 mit einer halbseitigen Anzeige, um dem Kunden einen Gebrauchtwagen der Marke anzupreisen. Das macht Sinn, wenn man bedenkt, daß gerade die Schummeldieselversionen im Moment sicherlich schwer an den Mann zu bringen sein dürften. Die Abbildung des Audi-PKW aber verblüfft. Mutmaßlich auf einem Salzsee fährt ein biederer Kombinationskraftwagen mit dezentem „quattro-Emblem“ im Kühlergrill rasant und spektakulär nur auf den linken Rädern und oben auf der der hochaufragenden Karosse sitzt ganz entspannt – ein Gefühl, das ein Gebrauchtwagen von Audi wegen der auf fünf Jahre, allerdings nur gegen Aufpreis, verlängerbaren Garantie laut Text angeblich vermitteln soll – ein bärtiger junger Mann mit ausgestreckten Beinen und lässig auf der Dachkante aufliegendem Arm.

Was will uns der Werber damit sagen?

Zum ersten ist es nicht so recht einsichtig, warum es sinnig sein soll, daß ein permanent vierradgetriebener PKW nur auf zwei Rädern fährt. Außerdem dürften die wenigsten Handelsvertreter, Middelmanager, Freiberufler und Studiendirektoren sich mit dieser Stunt-Fahrweise anfreunden können. Auch stellt sich die Frage, warum bei einem Auto, das rundherum im Innenraum mit Airbags ausgestattet und auf Sicherheit getrimmt ist, es sinnvoll sein soll, im ungesicherten, dafür eigentlich auch nicht vorgesehenen – Kinder, bitte nicht nachmachen! – Außenbereich Platz zu nehmen.

Aber den Kardinalfehler stellt doch dar, möglicherweise ein Auto, von dem wir wissen, daß seine Software bei den Tests auf dem Rollenprüfstand erkennt, daß sich bei dem Testkandidaten nur zwei statt der vier Räder drehen, und dann und nur dann Verbräuche bzw. insbesondere Schadstoffausstöße erzeugt, die der Norm genügen, allein auf einer Radseite fahrend abzubilden. Heißt das etwa, daß man einen Audi-Gebrauchtwagen zukünftig nur auf diese Art und Weise bewegen darf, um legal unterwegs zu sein!? Und plant Audi Fahrerkurse für all‘ die Biedermänner, die einen solchen Wagen erwerben wollen, damit sie überhaupt in die Lage versetzt werden, solcherlei Fahrmanöver zu vollführen!?

Fragen über Fragen!

Liebe Firma Audi und lieber Herr Müller als Gesamtverantwortlicher, wenn eure Werbeagentur demnächst einmal wieder vor Enthusiasmus blind am Ziel krachend vorbeischießt, nehmt euch doch einfach die Zeit, so etwas zu erkennen und nicht einfach durchzuwinken. Das Symbolische hat eine enorme Kraft, die sich, paßt man nicht auf, auch ins Gegenteil des Wohlgewollten verkehren kann.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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