wolfsgeheul.eu vom 01.06.2015

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In den letzten Tagen haben wir ein Fußballdrama nach dem nächsten erleben dürfen und das Besondere an dieser Sportart ist es, daß sie in unseren Breiten tatsächlich als einzige gesellschaftsübergreifend wahrgenommen und geschätzt wird. Und so ist es nicht verwunderlich, daß dieses eigentlich recht einfache und doch so komplizierte Spiel irgendwie auch eine Allegorie auf das Leben ist.

Für mich gipfelt das zusammenfassend in einem potentiellen Titel eines vielleicht zukünftigen Romanes von mir „Das Leben ist eine Abfolge von Einwurf und Auswurf“.

Als erstes fällt auf, daß man sich beim Einwurf außerhalb des Spielfeldes befindet. Wenn man also Dinge ins Rollen bringen will, ist man zu Anfang nicht mittenmang. Man schaut auf die, die im Leben, sprich auf dem Feld stehen, sucht sich einen aus, den man für fähig, also gutplaziert empfindet, und betritt erst danach ebenfalls die Bühne in der Hoffnung, im weiteren auch mitspielen zu dürfen. Mit dem Ball nimmt man also sein Glück in beide Hände.

Was dann folgt, ist das wahre Leben. Häufiger als Rennen, Schießen, Flanken, Passen, Köpfen, Rempeln, Foulen ist zuallererst das Spucken. Ursprünglich nur fußballtypisch sieht man es (leider) inzwischen sogar auf Tennisplätzen. Der permante öffentliche Auswurf stellt neben der animalischen Absicht, sein Revier zu markieren, eine Reaktion auf das Spiel/Leben dar. Man ist nervös, verärgert, schmerzerfüllt, genervt, erfreut, gehemmt, befreit etc. und all‘ diese Gefühlsregungen machen sich Luft im Ritual des Spuckens. Es ist der Seufzer des Glücks wie des Dramas und findet damit in unterschiedlichster Ausprägung seine Entsprechung im wirklichen Leben, in dem überwiegend (noch) die Konvention Bestand hat, daß das sich des Speichels Entledigen nicht gestattet ist und nicht geduldet wird. Der Fußballer spuckt daher auch stellvertretend für den Zuschauer, dem gleiches allzuoft verwehrt ist.

Aber auch in anderer, übertragener Bedeutung spielt der Auswurf eine Rolle, wenngleich natürlich beim Fußball die Hände dabei nicht im Spiel sein dürfen. Der Ball wird z. B. ins Aus geschossen, wenn ein gegnerischer Spieler verletzt am Boden liegt, eine gute Geste der Fairness und damit der Lebensrealität oft weit überlegen aber in jedem Falle vorbildhaft. Der Schuß ins Aus kann aber auch helfen, Zeit zu schinden, etwas was man schon häufiger in der freien Lebenswildbahn vorfindet. Außerdem kann „Alles auf null“, eine damit verbundene Verschnaufpause und der erneute Blick zumindest eines Mitspielers Dinge ordnen, neu formieren und so nicht nur der eigenen, sondern auch der gemeinsamen Sache dienlich sein. „Aus“ ist also doch irgenwie „dabei“ obwohl nicht „mittendrin“, eine Erkenntnis die vielleicht zu helfen vermag, das „Aus“ aus der allein negativ besetzten „Ecke“ – bei diesem Spielzug haben wir es übrigens mit der Besonderheit zu tun, daß der Ball innerhalb des Spielfeldes liegt, während der Spieler sich außerhalb desselben befinden muß – zu holen, ist es doch immer auch ein Anfang, eine Chance, sich selbst neben dem Spielgerät ebenfalls wieder ins Spiel zu bringen. Und wer immer nur im Spiel ist, dem fehlt der Blick von außen, was bekanntermaßen sehr häufig der Grund für Fehler ist. Und so ist es richtig und konsequent, daß es Menschen gibt, die beruflich zumeist außen stehen, was die Trainer so sinnvoll wie wichtig macht, obwohl sie beim richtigen Lebensspiel auf dem Schlachtfeld des brandenden und rauschenden Lebens nicht dabei sein dürfen. Merkwürdig ist in diesem Zusammenhange übrigens, warum das beim Trainerberuf allgemein anerkannt und für richtig gehalten wird, während eine zunehmend größere Gruppe das beim zölibatär lebenden Priester für lebensfremd empfindet.

Wenn man beginnt, hinter dem Fußball mehr zu sehen, als neunzig Minuten Unterhaltung in der Arena, kommt man vom Hundersten ins Tausenste. Weiterdenken, Parallelen entdecken und daran zu lernen kann also durchaus gewinnbringend und zielführend sein. Freuen wir uns entsprechend auf das Finale der Championsleague und die neue Saison und halten wir die Augen offen. Es wird nicht zu unserem Schaden sein.

Gute Nacht!

Ihr/Euer Wolf

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